Elisabeth Lemke, Italiens Pflanzenwelt in Berlin.
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Der nach Berlin in Zweigen und Blättern kommende Eucalyptus ließ also für die australische Sonne gern die südeuropäische gelten. Daß letztere oft über Gebühr den Menschen Gluten spendet, wird uns auch durch die in Italien so berühmt gewordenen Strohflechtereien bewiesen Das beste Material dafür ist das toskanische oder florentinische Stroh. Nachdem die Halme fertig gewachsen sind, werden die Knoten herausgeschnitten. Die entstandenen Halmteile, von denen die längsten für die Strohgewebe bestimmt sind, werden dann der Länge nach gespalten. In Italien baut man für diese Zwecke eine besondere Art Stroh, marzolano, das von einer durch dünne und biegsame Hahne ausgezeichneten Varietät des Sommerweizens (grano marzuolo d. i. Märzsaat) stammt. (Br.) Das heute nur etwa 2000 Einwohner zählende, in der •Nähe von Florenz gelegene Fiesoie (einst eine wichtige etruskische Stadt, |von der noch gewaltige Mauern erhalten sind, zu denen sich Überreste (eines antiken Theaters und römischer Bäder gesellen) treibt — wie überhaupt die Bewohner der Umgebung von Florenz — größtenteils Strohflechterei. Fächer ungefähr 50 c, Körbchen 1 Lira; aber schon in Florenz kann man das Doppelte dafür bezahlen. Die zum Bleichen ausgelegten Strohhüte gewähren einen merkwürdigen Anblick. — Gewiß tragen viele Berliner und Berlinerinnen Strohhüte, die von dort stammen.
Firenze la bella, dia Blumenstadt — der Dom trägt seinen Namen la Cattedrale di S. Maria del Fiore von der Lilie, dem Wappen von Florenz — schickt uns viele duftende Grüße und auch, wie mir Herr Duchmann mitteilte, riesige Mengen dunkelrot gefärbten Laubes, Bambus u. s. w. Dies rote Laub wird in Berlin zu Sträußen, Kränzen und Zimmerdekoration verwandt. (Kleine Blumengeschäfte sagten mir, das Laub käme vom Rhein; ich möchte aber annehmen, daß Herr Duchmann Recht habe.)
Unglaublichen Umfang hat der von Florenz und Mailand nach Berlin gerichtete Vertrieb des sog. „Phantasiegrün“, das sind alle erdenklichen Arten grüner Blätter, Mahonia und Coniferenzweige, besonders viel Lorbeer und Lebensbaum. Die davon zusammengestellten Riesensträuße und Kränze sind hier eine sehr begehrte Ware. — Das von Frankreich bezogene Phantasiegrün stellt sich etwas billiger. (D.)
Frankreich macht für den Handel mit Scbmucklaub und Blumen Italien empfindliche Konkurrenz. Geographisch ist und bleibt ja die Riviera di Ponente echt italienisch, aber politisch gehört sie — es läßt sich augenblicklich nichts dagegen tun — Frankreich; die Beförderungsbedingungen dort sind besser, und da schon Süd-Frankreich überhaupt Blumen-Sendungen in reichstem Maße in Bewegung setzt, so kommt das weitere ziemlich mühelos hinzu. Es ist Tatsache, daß wir die meisten unserer in Berlin gekauften „italienischen“ Blumen, Eucalyptuszweige