Heft 
(1907) 15
Seite
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74 Petri, Qnellenmaterial znr Erforschung der kirchlichen Ortsgeschichte.

kirchlichen Ortsgeschichte sind wir Geistliche vielfach worden in früherer wie neuester Zeit, von Behörden und Einzelstimmen. An Quellen­material hat es auch nie gefehlt.

Nächst den von einer Visitations-Kommission des Kurfiirstlich- BrandenburgisclienKirchen-Regiments alsbald nachBeendigungdes dreißig­jährigen Krieges in den einzelnen Gemeinden des Landes aufgestellten Kirchen- nnd Pfarr-Matrikeln enthalten die in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts unter dem TitelIndaganda vom Kirchen- und Schul-Regiment gestellten und von den Pfarrern beantworteten, meist allerdings nnr noch in den Ephoral- bezw. Regierungsakten befindlichen Fragen auch für die Erforschung der kirchlichen Ortsgeschiehto viel­fach wertvolles Material.

Ihre gründliche Weiterbildung erfuhren dieselben durch die im Regierungsbezirk Potsdam bereits in den 60er Jahren, im Regierungs­bezirk Frankfurt a. 0. und in der Stadt Berlin erst seit 1882 zur Ein­führung gelangten kirchlichen Lagerbücher.

Nach der Instruktion des Königlichen Konsistoriums zu Berlin vom 24. Mai 1882 soll das Titelblatt eines jeden Lagerbuches den Namen der Kirche, Nachrichten über die zu derselben eingekirchten Ortschaften und Gutsbezirke, Angaben über die Seelenzahl, das Patronat, die Geistlichen, das Parochialverhältnis pp. enthalten.

Wenn auch die juridische Gültigkeit des Lagerbuches namentlich bei Führung von Prozessen vielfach schon beanstandet worden ist, so steht die kirchliche Bedeutung derselben außer Frage. Die späteren Geistlichen werden es ihren Vorgängern im Amte großen Dank wissen, wenn diese die Titelblätter der Lagerbücher mit chronikartigem Stoff reich versehen haben.

Und nicht bloß im Interesse des Pfarramts, sondern im allgemein- kirchlich - konservativen Interesse ist es, zumal unter dem großen Neuerungsdrange der Gegenwart: sich soviel als irgend möglich mit der Lokalgeschichte der eigenen Gemeinde bekannt und vertraut zu machen. Das erfordert freilich nicht geringe Mühe und Zeit. Aber es ist auch richtig, was D. Wilhelm Baur in seinem im Jahre 1877 erschienenen sehr dankenswerten Buche überdas deutsche evangelische Pfarr­haus sagt:Kein anderer Stand ist durch erfolgreiche Neben­

beschäftigung so bekannt als der geistliche. Es sind dazu weder die theologisch-wissenschaftlichen Leistungen, noch die vielen Volksschriften, welche auf die christliche Gestaltung des Volkslebens einwirken, zu rechnen, denn beide stehen mit dem Beruf des Geistlichen im unmittel­barsten Zusammenhang. Allein in erster Reihe der Ne benbeschäftigungen steht die Erforschung der Ortsgeschichte. In Hessen-Darmstadt ward vor 20 Jahren die Anordnung getroffen, daß jeder Pfarrer eine Orts­chronik seiner Pfarrei herzustellen habe. Zur Einleitung sollte eine