Heft 
(1907) 15
Seite
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R. Jöücher, Berliner Kneipsprflche.

Im Berliner Ratskeller stand einst (ob jetzt noch) u. a. folgende Sprüche:

Wer Neider hat, hat Brot,

Wer keine hat, hat Not und die Wahrheit:

Ein versöhnter Freund, ein erkaufter Freund,

Sind zu einer Brücke ungeschickte Stücke.

Auf einem Humpen in der Leipzigerstr. hieß es:

Ein nüchterner Mann, ein armer Mann,

Ein König, wer singen und trinken kann.

In Britz lesen wir in einer Wirtschaft:

Bei Sonntagsschützen ists Brauch und Sitt,

Gibt es nicht Wildes, geht Zahmes mit.

Ein Zecher in Rixdorf behauptet als Plakatinschrift:

Ob ich morgen leben werde,

Weiß ich freilich nicht,

Daß ich aber, wenn ich lebe,

Trinken werde,

Das ist ganz gewiß.

Wider den Kater, Stallschreiberstraße:

Der Kater aus Erfahrung,

Er stirbt am sauren Harung.

Etwas kühn ist die Schlußkette (Haidereiter-IIasenheide):

Wer gut trinkt, schläft gut,

Wer gut schläft, sündigt nicht,

Wer nicht sündigt, kommt in den Himmel,

Also: Wer gut trinkt, kommt in den Himmel.

Ein schwächlicher Hausherr tröste sich an dem Spruch in Marien­thal b. Baumschulenweg:

Es gibt der edle Gerstensaft Sogar Pantoffelhelden Kraft.

In einem Ausschank der Süddeutschen Brauerei wird gemalmt:

Trinke nie ein Glas zu wenig,

Denn kein Pfaffe oder König Kann von diesem Staatsverbrechen Deine Seele ledig sprechen.