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R. Jülicher, Inschriften und Grabinschriften im Ruppiner Lande.
Nicht prahlst du ja mit Felsenzinken,
Und Gletscher blinken nicht ins Land,
Doch träumerische Seen winken Aus schilfumsäumtem grünen Rand.
Der stolze Hirsch eilt durch die Wälder,
Belebt von munterm Vogelschall,
Leis zieh’n die Bäche durch die Felder,
Der Frieden Gottes weht durchs All’.
Die Rose wieder will ich stecken Auf meinen braunen Pilgerhut,
Und wandernd froh die Glieder strecken In starker Eichen treuer Hut.
Von deinen Hügeln will ich schauen Weit über wiesengrüne Flur Und überall mir Hütten bauen In deiner reizvollen Natur.
R. Jülicher 10. 7. 1905.
Mit dem Rechte des Dichters, Raum und Zeit zu überspringen, versetzen wir uns von hier aus 2 Stunden weit nördlich zwischen den Tetzen- und Zermützelsee, auf den kleinen von Fontane so musterhaft geschilderten Kirchhof der Zwergkolonie Stendenitz im Schirm der Waldkiefern. Die Grabschrift des tapferen Schneiderkanoniers hat der Zahn der Zeit vertilgt; aber gestorben wird hier doch noch, und so rufen denn die Kinder ihrer 1900 gestorbenen Mutter liebend nach:
Du warst stets einfach hier im Leben,
Nichts brauchtest du für dich;
Nur für die Deinen streben,
Hieltst du für deine Pflicht.
Uns bleibt nichts mehr dich zu erfreuen,
Als Blumen auf dein Grab zu streuen.
Und daneben heißt es auf einer altertümlich geformten Ilolztafel:
Du sollst uns unvergeßlich sein;
Die Tränen, die wir jetzt dir weih’u,
Versiegen einst beim Wiederseh’n,
Wenn wir dir nach zum Himmel geh’n.
Doch kehren wir an das Rheinsberger Tor zu Neu-Rnppin zurück. Da besuchen wir den unter dem Kapitel „Am Wall“ von Fontane, dem Ruppiner Kinde, so rührend beschriebenen alten Kirchhof der Stadt, auf dem wir doch neuere, ihm damals noch nicht bekannte Gräber finden. Zuerst verweilen wir mit stiller Andacht an dem im Efeu ganz
