Heft 
(1907) 15
Seite
122
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122 R. Jülicher, Inschriften und Grabinschriften im Rnppiner Lande.

Hecht wortreich heißt es atif den Grabkreuzen zweier neben ein­ander rnhenden Geschwister: a) Dem Andenken meines geliebten

Bruders und Gilde-Ältesten J. B. f 1838. Beweint von seiner viel­geliebten Schwester, dei nur die Verheißung eines jenseitigen Wieder­sehens zu trösten vermag, b) Hier ruht an der Seite ihres vorangegangenen Bruders Jungfrau 1). B. f 1849. Sie starb wie sie gelebt hatte, in dem frommen Glauben eines ewigen Lebens und der Wiedervereinigung mit ihren frühverstorbenen Angehörigen, betrauert von ihren nächsten Ver­wandten. Aus einem namenlosen Grabe ist, ähnlich wie beim Kleist­hügel, eine riesige Eiche erwachsen. Wir scheiden von dieser Stätte des Friedens, um nach kurzen Schritten den neuen weiten Friedhof der Stadt zu betreten. Da fällt uns die schöne Sitte auf, daß die einzelnen Ilügel oder Gräbergruppen mit schön gepflegten Hecken junger Rot­tannen eingefaßt sind. Aus neuester Zeit finden wir das Doppelgrab zweier 24er, die beim Spielen mit einer Granate in dem Quartier zer­rissen wurden.

Eine Witwe ruft ihrem Manne nach:

Der Tod schlägt tiefe Wunden,

Das liab auch ich empfunden,

Indem ich dich verlor.

Ich traure mit den Kindern,

Den Schmerz kann Gott nur lindern,

Zu dem ich weinend blick empor.

Kürzer und schöner aber kann wohl niemandes Leben charakterisiert werden, als auf die Weise, wie man nach Jesu Wort (Marc. 14,8) hier einer Frau nachruft: Sie hat getan, was sie konnte. Noch erwähnen wir den Granitobelisk des Pharmazeuten Hager, welchen seine dankbaren Fachgenossen ihm errichteten und das Denkmal mit dem sprechend ähnlichen Bronzemedaillon des Verstorbenen und der ehrenden Inschrift schmückten: Abiit, non obiit. (Er ist dahingegangen, aber nicht ge­storben.) Doch finden wir, wie in Süddeutschland besonders häufig, auch auf diesem Kirchhof zwei Inschriften, die einen ungewollt komischen Anstrich haben. So rufen die betrübten Eltern einer 21 jährigen Jungfrau nach:

Ach, unsre Mathilde ist nicht mehr,

Ihr Platz in unserm Kreis ist leer,

Sie reicht uns nicht mehr ihre Hand;

Der Tod zerriß das schöne Band,

Sie blühte wie ein ltöselein;

Sie wuchs und blühte Eltern fein,

Und als sie in der Blüte stand,

Da fiel sie ab und ward getragen bis ins Grab.