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R. Jülicher, Inschriften und Grabinschriften im Ruppiner Lande.
I)) Ich habe Christi Kreuz getragen,
Wie er zu leiden, war mein Sinn;
Hört auf, mein Sterben zu beklagen,
Des Lebens Krön’ ist mein Gewinn.
ln einem der vielen Dörfer Werder, die sich in der Mark linden (bei Bechlin), ruft man einem 76 jährigen Bauern nach (so auch in Protzen): Ob die ganze Welt dich nennt,
Oder kaum dein Nachbar kennt,
Du wirst dulden, leiden Und von hinnen scheiden.
Ob du arm bist oder reich,
Beides ist zuletzt doch gleich;
Jeder Mensch auf Erden Muß zu Staube werden.
Und auf dem Grabe einer Mutter las ich:
Die Stunde schlug; du mußtest von uns scheiden;
Die Hand des Herrn brach deinen Wanderstab,
Schlaf wohl, geliebte Mutter, es begleiten
Der Kinder Dank und Gatten Liebe dich ins Grab.
Nur noch wenige Plätze: Dörfer etwas entfernter vom Uuppiner See wollen wir zu unserer Sammlung durchwandern: Auf dem Friedhofe zu Nietwerder, wo die Toten unter ausnahmsweise dickstämmigen weitschattenden Linden und zahllosen Centifolien schlummern, redet eine Jungfrau die Hinterbliebenen an:
Noch netzet ihr die Wangen,
Ihr Eltern, über mir,
Euch hat das Leid empfangen,
Das Herze bricht euch schier.
Des Vaters treue Liebe Sieht sehnlich auf mein Grab;
Die Mutter siebet trübe Und kehrt die Augen ab.
Gleichfalls eine ungeheuer dicke, tiefgespaltene Linde, beschirmt den Eingang zu dem Kirchhof des großen Dorfes Wulkow, auf dessen weiter Dorfaue mehrere fast ideal gewachsene alte Eichen mit wunderschöner Krone stehen. (Zwei der ältesten und dicksten Eichen stehen übrigens noch heute in voller Kraft an der Dorfstraße des kleinen Dörfchens Treskow nahe am See.) Hier zeichnen wir auf:
Ich fürchte nicht, von Gott bewacht,
Des Todes Grau’n, des Grabes Nacht,
Der Herr ist meine Zuversicht,
Der läßt mich auch im Tode nicht.