Heft 
(1907) 15
Seite
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21. (9. ordentliche Versammlung) des XIV. Vereinsjahres.

Hinweg die feige Knechtsgebärclc!

Zerbrich der Heimat Schneckenhaus;

Zieh mutig in die Welt hinaus,

Daß sie dein eigen werde!

Du bist der Hirt der großen VlWkerherdc,

Du bist das große Hoffnungsvolk der Erde,

Drum wirf den Anker aus!

Es wird geschehn! Sobald die Stunde Ersehnter Einheit fllr uns schlägt,

Ein Fürst den deutschen Purpur trägt Und einem Herrschermunde Ein Volk vom Po gehorchet bis zum Sunde,

Wenn keine Krämerwage mehr, wie Pfunde,

Europas Schicksal wägt.

Schon schaut mein Geist das nie Geschaute,

Mein Herz wird segelgleich geschwellt,

Schon ist die Flotte aufgestellt,

Die unser Volk erbaute!

Schon lehn ich mich, ein deutscher Argonaute,

An einen Mast und kämpfe mit der Laute Ums goldne Vlies der Welt.

Dem Dichter ist es ja noch vergönnt gewesen die Erhebung des geeinigten Deutschlands und die Anfänge eines großzügigen Flottenplanes zu erleben. Wie aber haben sich die Anschauungen über die deutsche Kriegsflotte seither gerade in denjenigen Kreisen geändert, welche in den vierziger Jahren v. J. gleich Herwegh die eifrigsten Marinefreunde waren. Als erstes kriegsflottenfreundliches Gedicht wird Ilerweghs Lied allzeit heimatgeschichtliche Beachtung beanspruchen können.

E. Bildliches.

XXIII. Hans Thoma. Ein Buch seiner Kunst mit einer Einleitung von Wilhelm Kotzde. Herausgegeben von der Freien Lehrervereinigung für Kunstpflege. Mainz 1906. Verlag von Jos. Scholz. Fol. 30 Tafeln.

Eine höchst erfreuliche Folge von Reproduktionen des beliebten Malers, der als Bauersohn zu Bernau im Schwarzwald am 2. Oktober 1839 geboren und in Karlsruhe ausgebildet wurde. Der Zahl nach überwiegt, wie Kotzde in seiner sinnigen, liebevoll geschriebenen Ein­leitung hervorhebt, das Landschaftsbild bei Thoma. Der Mensch ist ihm, gleich den mythischen Gestalten, nur ein Formwerden der Seele, die in der Natur waltet. Was mit dem Eindringen des Christentums dem Deutschen vor tausend Jahren unmöglich war, zum bildnerischen