Heft 
(1907) 15
Seite
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Galland, Der Meister des Sparrschen Grabdenkmals.

hauses, des jetzigen königlichenPaleis, schuf. Das war zu jener Zeit, als Rembrandt und Spinoza am Y w'ohnten, nnd Joost van den Yondel in einer Dichtung stolz behaupten durfte, Amsterdam trage die Krone von Europa. Damals baute Daniel Stalpert nach den Plänen Jakob van Kampens jenen ungeheuren Stadtpalast, den außer Quellinus, die Maler Ferdinand Bol, G. Flinck, Jan Lievens, Stockade, Juriaen Ovens u. A. mit Darstellungen des Pinsels schmückten. Welche Summen der ver­schwenderische Magistrat für die mannigfaltigsten Unternehmungen und Zwecke hingab, beweisen die damaligen Geschenke an Fürsten, Staats­männer und Gelehrte und Künstler. Bei der Taufe des branden- burgischen Kurprinzen Karl Aemil (1655) schenkte die üppige Stadt­republik, die sich in Berlin durch einen ihrer Bürgermeister, Huydekooper van Maarsseveen, vertreten ließ, dem Sohne der Louise Henriette von Oranien eine Jahresrente von 10 000 Gulden alsPillegift, wie es in den Urkunden heißt. Quellinus erhielt im Jahre 1663, wie ich aus einer alten Notizensammlung des obigen Archivs entnehme, welche den TitelRapiamus führt, als Abschlag für diemodellen vande copere beeiden, die gestelt sullen werden op het stadhuys die ansehnliche Summe von 6000 Gulden. In den Rechnungen jener Jahre findet man den Namen des Meisters ziemlich oft. Nirgends aber werden wir über seine Beziehungen zum Ausland unterrichtet. Und doch war_ sein Ruf so groß, daß er gewiß von allen Seiten, von fremden Fürsten und reichen Städten, künstlerisch in Anspruch genommen wurde.

Daß er der Urheber des erwähnten kolossalen Grabreliefs der Berliner Marienkirche nicht sei, schien mir anfänglich aus verschiedenen Gründen offenbar. Denn erstens war Quellinus in demselben Jahre (1668) wie der Stifter des Berliner Erbbegräbnisses gestorben, und zweitens schien mir eine gewisse Befangenheit in der Darstellung des knieenden gepanzerten Feldmarschalls von Sparr gegen die Autorschaft eines Bildners zu sprechen, dessen geistvolle Büsten mich stets durch die wahrhaft souveräne Art der Porträtgestaltung entzückten. Weit eher ließe sich, so war damals meine Überzeugung, angesichts dieses eigentümlichen Werkes an den minder berühmten Neffen des Meisters, den jüngeren Artus Quellinus, denken, der freilich erst im letzten Drittel des Jahrhunderts blühte . . . Als ich darauf im Geheimen Staatsarchiv zu Berlin auf den obskuren holländischen Bildhauer Artus Sittp stieß, der im Jahre 1666 seine Bestallung als brandenburgischer Hofbildhauer ohne Gehalt erhielt und noch im Jahre 1673 in Berlin lebte, glaubte ich in ihm den unbekannten Schöpfer des Epitaphs der Marienkirche ge­funden zu haben, zumal dieser Künstler einfach als BildhauerArtus erwähnt wird, und sein bei uns immerhin ungewöhnlicher Vorname leicht zur Legende von demBerliner Quellinus Veranlassung gegeben haben konnte.