Wilke, Unser Herjott sitt in'n Beerboom.
189
lassen“ — wiederzugeben ist. Sie kann wohl noch aus katholischer Zeit überliefert sein, wo an hochragenden Feldbirnbäumen längs der Wege Kruzifixe und Ilerrgüttel aufgehängt waren, als Mahner, des Ewigen zu gedenken. Daß aber gerade der Birnbaum als Träger der Gottesverehrung gewählt wurde, entspringt weit älteren, heidnischen Motiven, denn nach verschiedenen andern Sagen sitzt auch der beim Birnendiebstahl ertappte Teufel im Birnbaum festgebannt und kann nicht davon loskommen.
Daß unsere Voreltern den wilden Birnbaum als Sinnbild der nie versiegenden Lebens- und Zeugungskraft der Erde betrachteten und verehrten, bekundet schon sein echt germanischer Name. Das Lateinische „Pirus“ war keineswegs die Mutter der Plattdeutschen „Beere“, ebensowenig wie das Französische „beurre“ damit etwas zu schaffen hat.
Das Mittelhochdeutsche „ber, beri auch bir ist die Allgemeinbezeichnung für Frucht, darunter sind Erd- und Himbeeren ebenso gut als Birnen zu verstehen. Sogar der Eber, der „Beier“, der Bär, die Bahre, wie auch ein kleines, geknotetes Fischernetz wurden darunter verstanden, aber aller Grundform ist das mittelhochdeutsche Zeitwort „bern“ — tragen, erzeugen, hervorbringen, gebären. Bleiben wir bei unserm „Beerboom“, dem wilden Feld- oder Waldbirnbaum, kurzweg nach seiner Kugelfrucht Knödel geheißen stehen, so sehen wir als auffallend seine Unmenge Blüten und Früchte, die er „birt“, oder trägt. Es erzeugt gerade dieser Baum — ich bire — mit seltner Hartnäckigkeit eine Unmenge von Verjüngungstrieben durch Wurzelbestockung, sodaß er unvergänglich erscheint, selbst wenn nach Jahrhunderten ein Hauptstamm einmal dürre werden sollte. Dieses unverdrossene Entstehen im Vergehen gab wohl die sinnige Grundidee ab zu den verschiedenen deutschen Birnbaumsagen, am Untersberge, am Kyfifhäuser und an andern Orten, wo die Tradition von einer letzten, großen Schlacht noch geläufig ist. So in Chorin i. Mark, dessen alte Schreibweise Koryn = Körfeld, Walstatt oder Schlachtfeld bedeutet, trotz Bergbaus und anderer Slawenfreunde, ist die Sage von der letzten großen Schlacht der Deutschen auch dort noch geläufig (Märk. Forschungen IV).
Der Volksglaube in der Uckermark bekundet das auch in anderer Form, durch eine besondere Wertschätzung des Birnbaumholzes. Es wurde bevorzugt zur Herstellung der „ Bussen “ (Stoßwiege auf Kufen ruhend, von bossen = stoßen), der „Dra hka sten“ (drahen oder drawen = ziehen), der ~Aussteuertruhen der Braut und zuletzl~zur Herrichtung des Totenschreines, des Sarges. Das Holz des Birnbaums soll traditionell von keinerlei Gewürm heimgesucht werden, ebenso sein Inhalt, was eine friedliche Ruhe bis zu einer fröhlichen „Ursj;ed“ verheißt. Benutzten doch unsere heidnischen Vorfahren das Birnbaumdornicht zur Einäscherung ihrer Toten, da bekanntlich seine Heizkraft der des Buchenholzes noch