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E. Handtmann, Musik-Problem aus der Prignitz.
Götterboten überwältigt, aber die Jungfrau widerstrebt, ihm zu einem ihr unbekannten Manne zu folgen. Vergebens bietet der Freiwerber die verlockendsten Brautgeschenke, er droht mit dem Schwerte, das ihm der Sonnengott überlassen, das sind die Sonnenstrahlen, bis er schließlich als Letztes den schwersten Runenzauber anwendet, ihren Starrsinn bricht und einen völligen Siunesumschwung herbeiführt. Fruchtholz dem wilden Baum entsprossen, mit Schwertes Schärfe geritzt bringt gewaltige Runen hervor, es wird zum Zähmezweige, dem nichts widerstehen kann.
Mit anderen Worten das Birnenreis wird von den Strahlen der Sonne getroffen, es beginnt der Saft zu treiben, selbst wenn die Erde noch widerstrebt wird das wiederkehrende Leben in der Natur sichtbar betätigt und diesem gewaltigen Triebe muß sich auch die jungfräuliche Erde schicken. Sie bestimmt nun selbst den Tag ihrer Hochzeit, die nach neun Nächten stattfinden soll, in dem knospenden Blütenhain, den Sonne und Erde beide kennen, von ihr „Bari“ genannt, die nordische Form von beri oder bere, das ist der Birnbaum. Die weißgeschmückte Braut Dornröschen erwartet im Birnbaum ihren Freier, den jungen Sonnengott, und er läßt nicht auf sich warten, denn der Zauber des Lenzes offenbart es uns bald.
Wenn heute Liebesleute unwissentlich des alten Runen-Zaubers ihre Anfangsbuchstaben in die Rinde eines Baumes ritzen, so erhoffen beide Teile davon unbewußt eine Sicherung und Festigung ihres Ilerzensbundes; ob dabei aber Worte geraunt werden und welche?-—
Musik-Problem aus der Prignitz.
Von E. Handtmann.
Melodie „Heil Dir im Siegerkranz“, bez. „Heil Dir, Hammonia“ und „Heil, unserm
Fürsten, Heil.“
Nr. 94 d. J., drittes Beiblatt S. 3 der Nationalzeitung bringt be Bericht über neue Melodie zur deutschen Nationalhymne Zeile 13 u. 14 v. u. die Mitteilung: „Die Weise zu Heil unserm König, Heil! gehört den Engländern.“
Gestattet sei, in nachstehenden Zeilen dagegen Verwahrung einzulegen. Wohl ist solche Annahme sehr alt und sehr verbreitet, ist aber meines Dafürhaltens etwas, w r as unter das Urteil gehört: error etsi vetustus manet error!