Heft 
(1907) 15
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E. Handtmann, Musik-Problem aus der Priegnitz.

verses und seiner Melodie, 'Volkmer war ein in Grafschaft Glatz und im ganzen Gebiet des Erzbistums Prag um die Wende des 18. uu 19. Jahr* hunderts sehr angesehener katholischer Geistlicher, und, wie alle Kinder der Grafschaft, sehr musikalisch.

Jetzt ting die Sache an, mich speziell zu interessieren, denn dieser Dechant Volkmer ist ein entfernter Verwandter von mir, war Bruder meiner Urgroßmutter Therese Thamin, geh. Volkmerin.

Ich forschte weiter, bezog Nachrichten aus Oppeln, Berlin u. s. w. Das nächst feststellbare Ergebnis aus derVolk-Lore war: Gelegentlich Sammlung desSchlesischen Heeres im Frühjahr 1813 habe General Scharnhorst, bekanntlich ein großer Musikfreund, besagte Melodie dem Gesänge von Pilgerzügen gen Wartha entnommen und habe dieselbe in die Musik seiner Regimenter für einen Preußischen Militärmarsch ein- fügen lassen. Ein alter Feldwebelleutnant, den ich noch im Winter 1864 in Königsberg (Neumarck) zur Sache befragte, bestätigte mir, daß in der Tat ein Militärmarsch dieser Art auch bei seinem Bataillon während des ganzen Feldzugs 1813/15 in Gebrauch gewesen sei. Und, fügte der­selbe hinzu:denken Sie mal, da kamen wir nach der Schlacht bei Waterloo ins Franzözische und hören mit einem Male aus einer großen katholischen Kirche unser Königslied singen.

Neues Verwundern für mich: die Preußen-Melodie -1815 bei

Franzosen? ? Ungefähr zolin Jahre später wurde mir die Kenntnis zur Sache wieder in neuer Richtung unerwartet weiter geführt gelegentlich eines Besuchs im Elternhause. Mein Vater, Pfarrer Karl Handtmann in Zellin a. Oder (Neumark), geborener Glatzer, der in seinen Jugendjahren viel in katholischen Kirchenmusiken mitgegeigt und mitgesungen hatte, teilte mir aus seiner Heimats- und Familientradition mit: Unser ver­ehrungswürdiger Dechant Volkmer ist nicht, wie im Glatzer und Böhmer­lande vom Volk erzählt wird, Verfasser der Königsmelodie, sondern nur deren Verbreiter. Vielleicht daß er den betreffenden Wortlaut der deutschen Versbildung für seine Landsleute in den Sudeten zurecht­gemodelt hat. Die Melodie selbst und den, ursprünglich wohl lateinischen, Sangestext hat er von Mönchen aus französischen Klöstern, welche indes auch deutsch zu sprechen vermochten, mit denen er am Hofe seines Erzbischofes zu Prag oft zusammentraf, überkommen. Weiter versicherte mein Vater, daß er Melodie und Quellentext unter anderem im österreichischen Salzkammergut, z. B. bei Badeaufenthalt in Ischl, seiner Zeit vernommen habe.

Mönche französischer und deutscher Zunge? Etwa Belgier? Loth­ringer? Ich traf im Sommer 1874 im fränkischen Städtchen Eberman- stadt bei Forchheim gelegentlich Verhandlungen über Grabstätte eines Verwandten mit dem damals viel Aufsehen erregenden katholischen Pfarrer Mahr zusammen. Eine prachtvolle Kopie des BildesMutter