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Heinze, Friedeberg Nm. im Wechsel der Zeiten.
„So herzhafte und nachdrückliche Gegenwehr hatten die Böhmen nicht erwartet, und, da sie entweder verzweifelten, mit Gewalt zum Ziele zu gelangen, oder schnell sich weiter heben wollten, schritten sie zu schändlichem Betrüge. Am Sonnabend stellten sie das Sturmlaufen eiu und boten den Bürgern einen Frieden an, über den allsobald zu verhandeln begonnen wurde. Ihre Forderungen waren zuerst so ausschweifend, daß darauf nicht eingegangen werden konnte, und als sie dieselben nach langen Beratungen arglistig nach und nach ermäßigt hatten, war es Abend und zu spät geworden, die Sache noch durchaus zu Ende zu bringen. Es war aber nur ihre Absicht gewesen, die Belagerten sicher zu machen und zu berücken.“
„Denn als nun die Bürger und des Ordens Knechte sich auf die Erwartung hin, des morgenden Tages gegen leidliche Bedingungen der Bedränger ledig zu werden, der Kühe hingegeben hatten und der Schlaf mit bleierner Schwere auf ihnen und allen den Ihrigen lag, da gingen die Ilussiten behende daran, nach einer ihnen sehr geläufigen Manier die Mauer an mehreren Stellen zu untergraben, und in der ersten Frühe des Sonntags, welches der 7. Juni war, weckte ihr grauenvolles Mordgebrüll, mit dem sie in hellen Haufen durch die Straßen stürmten, die entsetzten Bürger und Ordensleute, ln einzelnen Kotten drangen die Feinde in die unverwahrten Häuser ein; nach kurzer Gegenwehr ward alles, was die Waffen getragen haben konnte, grausam ermordet und verstümmelt und an Frauen und Jungfrauen, an Wöchnerinnen und Kindern selbst unnennbarste Missetat verübt. Überall Mord, Schandtat, Kaub und wüste Greuel und auf den Häusern hie und da der „rote Hahn“, mit dein die Winde nach Gefallen spielen mochten — das war es, was am Trinitatis-Sonntage des Jahres 1433 das Sonnenlicht in der armen Stadt Friedeberg beschien!“
„Auch das offene Land umher wurde verwüstet, „geschunden“ und ausgeraubt. Nachdem die Neumark von ihnen zu einer Wüstenei gemacht worden war, begaben sich die Ilussiten in die eigentlichen Ordenslande, wo sie vor Könitz blutige Vergeltung fanden.“
Nur langsam begannen sich die Wunden zu schließen, welche der unheilvolle Krieg dem Lande geschlagen hatte, da der immer mehr verfallende Orden keine Hilfe leisten konnte. Erst als im Jahre 1454 der Hohenzollern-Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg die Neumark von dem Deutschen Kitterorden zurückgekauft hatte, erholte sie sich wieder. Der Beschluß der Städte, dem Kurfürsten zu huldigen, ward am 1. März 1454 in der Kirche zu Friedeberg gefaßt, woselbst sich ihre Vertreter zu einem Landtage versammelt hatten. —
Trotzdem Kurfürst Joachim I. der Reformation feindlich gesinnt war, breitete sich die neue Lehre doch in seinem Lande schnell aus. Auch in Friedeberg hatte sie willigen Eingang gefunden, und der Probst