Heft 
(1907) 15
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Ileinze, Friedeberg Nm. im Wechsel der Zeiten.

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gestiegen. (Vor dem 30jährigen Kriege etwa 1800.) Da kam im 7jährigen Kriege von neuem Not und Elend über die Stadt, als sich zu Friedrichs mächtigen Feinden noch der Russe gesellte. Am 15. Juli 1758 mußte sie zuerst seine Faust fühlen. Die aus der Festung Driesen vertriebene Besatzung hatte am Mühlentor Friedebergs den letzten Versuch gemacht, sich den Russen entgegenzustellen. Da sie der Übermacht nicht wider­stehen konnte, zog sie sich nach Landsberg hin. Nun wandte sich die Wut der Sieger gegen die nnbesclnitzte Stadt. Haus bei Haus wurde geplündert; die Einwohner verfielen den schlimmsten Mißhandlungen. Auch in der Folgezeit bedrückten sie die Russen hart durch Einquartierungen, Kontri­butionen und Erpressungen aller Art, so daß der Schaden bis zum Friedensschlüsse mit Rußland sich auf über 200000 Taler belief ohne das, was der Soldat von seinem Wirte unmittelbar empfangen hatte. Die Einwohnerzahl hatte sich infolgedessen bis 1762 auf 1219 vermindert.

Nachdem Kiiege brachte dieEntwässerungdesNetzebruches Friedeberg regeren Gewerbe- und Handelsbetrieb. Es ließen sich daher von 1763 bis 1770 nicht weniger als 171 Familien mit 560 Seelen hier nieder, so daß die Stadt in die Napoleonischen Wirren mit etwa 2500 Bewohnern eintrat.

Die Niederlage unseres Vaterlandes kam ihren Bewohnern zuerst zum Bewußtsein, als am 26. Oktober 1806 der König und die königliche Familie auf der Reise nach Preußen durch Friedeberg fuhren.Am Markte wurde umgespannt. Der König, ernsten Blickes, und die Königin mit ihren schönen, milden Augen sahen auf die dicht gedrängte Menge, die, sie still und ehrerbietig grüßend, sich um sie gesammelt hatte, und über manches harte und gefurchte Antlitz rannen schwere Tränen bitteren Schmerzes.

Schon am 4. November erschienen die ersten Franzosen, und nun wälzten sich bis zum Weihnachtsfeste die französischen Heeresmassen durch die Stadt nach Osten. 15000 Mann wurden in dieser kurzen Zeit hier einquartiert; die Kosten betrugen auf den Mann und den Tag die Offiziere nicht mitgerechnet 1 Taler. Dazu mußten 3541 Taler an Pferdelieferungen usw. aufgebracht werden. An der allgemeinen, durch die Franzosen erhobenen Kriegssteuer war Friedeberg außerdem mit 6375 Talern beteiligt. Als das neue Jahr anbrach, da wurden neue Lie­ferungen verlangt, die bald in Geld, bald in Tuchen, Bettstellen, Arzneien, Lichten usw. bestanden. Von den nach dem Tilsiter Frieden (9. Juli) Preußen auferlegten Kriegskosten entfielen auf Friedeberg nicht weniger als 66961 Taler. Die ausgesogene Stadt war zu ihrer Aufbringung nicht mehr fähig. Da belegten sie die Franzosen mit einem Exekutions-Kom­mando, das täglich 400 Taler Kosten verursachte. Nur durch Aufnahme von Anleihen und durch Zwangsbesteuerung der Bewohner konnte sie sich von ihm in einiger Zeit befreien und vor der Plünderung bewahren. Im ganzen betrugen die von der Stadt erlittenen Verluste über Million Taler.