Heft 
(1907) 15
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2. (1. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

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IV. Neuwahl des Ausschusses.

Durch Zuruf werden die bisherigen Mitglieder wiedergewählt.

V. Herr Professor Dr. Pniower legte ein Stammbuch vor, das vom Märkischen Museum auf der Auktion des Meyer Cohnschen Nach­lasses erworben wurde. (Kat. XV 299.)

Angelegt war es von einem Enkel des bekannten, seiner Zeit so populären Berliner Arztes Ernst Ludwig Heim, aus dessen Tage­büchern im siebenten Baude des Archivs unserer Gesellschaft reichliche Auszüge mitgeteilt sind. Gleichsam die Patenschaft übernahm kein Geringerer als Gottfried Schadow, der im Jahre 1841um die Zeit der Kibitz-Eier das Titelblatt mit launigen Worten beschrieb und mit einer Vignette ä la plume, wie er bemerkt, verzierte. Sie stellt einen Maler vor einer Palette dar, der im Begriff ist, nach einem dastehenden weiblichen Modell seine Kunst zu üben, wobei ihm ein wohlbeleibter älterer Herr zuschaut. Diese Inauguration durch den ersten Künstler war, was nicht überraschen kann, für das Stammbuch von den schönsten Folgen. Nach Gottfried Schadow verschmähte es nicht nur niemand, sondern jeder war mehr als gern bereit, seinen Namen und Worte der Erinnerung einzutragen oder sich auf eine andere seiner Natur entsprechende Weise in den Blättern zu äußern. So finden wir denn die Blüte der da­maligen Bevölkerung Berlins vertreten. Das Album präsentiert sich wie eine Parade, die über die Geistesaristokratie der Stadt abgehalten wird. Nur die hervorragendsten der Männer und FraueD, die hier ihre Spuren hinterlassen haben, seien genannt. Von Dichtern und Schrift­stellern finden wir Willibald Alexis, Bettina v. Arnim, Karl Beck, Eichendorff, Henvegh, Hoffmann v. Fallersleben, Karl v. Holtei, Fouque, Gubitz, Theodor Mundt und Frau, die besser unter ihrem Schriftsteller­namen Luise Mühlbach bekannt ist, Öhlenschläger, Ilnupach, Saphir, Tieck, Varnhagen von Ense. Von Gelehrten: die Brüder Grimm, Fr. v. d. Hagen, Franz Kugler, Mitscherlich, Schelling. Von Schau­spielern: Fritz Beckmann (den Schöpfer des Eckenstehers Nante), Karl Blum, Auguste Crelinger, Fanny Elssler, Louis Schneider, Wilhelmine Scliroeder-Devrient, Seydelmann. Von Musikern: Liszt, Mendelsohn, Meyerbeer und Spontini. Diese haben meist den Tönen vor den Worten den Vorzug gegeben und Noten niedergeschrieben, in denen sie einzelne Takte von Melodien Wiedergaben. Auch die bil­denden Künstler, unter denen Cornelius, v. Kloeber, Hosemann, Franz Krüger, Wilhelm Schadow und Wach erscheinen, haben vielfach nicht das Wort benutzt, um die Erinnerung an sich wach zu halten. Der Eintrag Wilhelm Schadows beginnt mit dem hübschen Satz: Die eigen­tümliche Handschrift des Künstlers ist die Zeichnung. So haben denn auch einige das Stammbuch mit dem Stift geziert. Hosemann lieferte

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