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6. (4. außerordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.
Markgrafen sucht man aber in dem Namen der vom (Alt)Landsberger Tor nach dem Kloster hinauttuhrenden Ritterstraße, die nach Strausbergs sehr durchsichtiger Entwickelungsgeschichte nur den Tagen Ottos entstammen kann. Die Aufenthaltsfristen dieses Regenten waren eben so reich und lang bemessen, daß die sonst übliche Notunterkunft seiner reisigen Begleitung in Strausberg durch ständige Ritterquartiere ersetzt werden konnte und mußte. Denn nur so ist für das 13. Jahrhundert bereits die Bezeichnung Uitterstrasse zu erklären — nicht etwa, weil die Ritter dort häufig entlangritten, deren Weg ebenso oft vom Wriezener oder Miinche- berger Tor her durch die Stadt führte. Jedoch liegt die Sache anders!
Diese Ritterstraße leitete vom Landsberger Tore nach dem Kloster hinauf — wie man sagt: „zur Burg des Markgrafen“, die etwas unbestimmter und vorsichtiger noch zu Andreas Engels Zeit ein „Schloß“ genannt wird. Wie die Abhandlung unseres Archivbandes zeigen wird, hat es in Strausberg weder eine Burg noch ein Schloß des Markgrafen gegeben, sondern nur einen markgräflichen Wirtschaftshof, sogen, curia einfachster Art mit ihren notwendigen einfachen Nebengebäuden, wie solche die Landesherren anderwärts viel hatten und das Landbuch für Pfand- und Dorfherren sie in den Dörfern zu hundert aufweist. Hätte hier statt der urkundlich wiederholt erwähnten curia wirklich je eine Burg oder ein Schloß gestanden, so wäre anstatt Ritterder Name Burgstrasse aufgenonunen worden. Sehr genau heißt es in Sellos Ausgabe der betr. Markgrafenchronik: Otto tercius anno domini 1252 (1254) fratres predicatores Struzeberck collocavit et eis areain in loco castri sui ministravit also „Otto III. quartierte die Brüder Prediger in Strausberg (brachte sie unter, setzte sie an) ein und — handreichte (gab zur Hand, widmfete) ihnen eine Hofstatt (Grundstück) auf ,syner heriberg stede‘ (oder ,ritter harsch 1 )“, was den Namen llitterstraße noch mehr aufklären würde. Man kann in loco castri sui ruhig mit „Burgstatt“ übersetzen, hat aber dann an eine Stelle zu denken, auf der ein Burgbau ursprünglich geplant wär, aus dem wegen Ummauerung der Stadt und Aufbau des festen Klosters nachher indess als überflüssig nichts mehr wurde. Jedoch ist unter castrum wahrscheinlich „feste Stadt“ zu verstehen — also in loco castri sui „auf einer Stelle seiner festen Stadt (Strausberg)“, worüber im Archiv.
Dieses „Grundstück auf der Burgstatt“ ist die spätere Hausstelle 22 südlich (südöstlich) des Klosters, auf welcher seit 1750 das Prediger- Witwenhaus und im wesentlichen heut das Amtsgericht erbaut ist. Im Urkundenschatz Strausbergs wie seines Klosters ist das Grundstück als einfache curia oder „Hof“ des Markgrafen mehrfach erwähnt und wird im Archivbande eingehendere Behandlung erfahren. Aber selbst nach Ausschaltung dieser mythischen Burg zeigt sich uns das Mittelalter und wohl auch die einstige Wirksamkeit Ottos in Strausberg auf Schritt und