Heft 
(1907) 15
Seite
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Milrkisclie Inschriften und Sprüche.

Jetzt aber mache ich von der genommenen Rede-Erlaubnis Gebrauch und lasse den Rosengartenwirt des mit drei Rittergütern gesegneten Städtchens Brücken nochmals ziemlich ausgiebig in seinen Trinksprüchen, darin er gar geschmackvoll und vielseitig ist, zu Wort kommen mir selbst jede Zwischenbemerkung versagend:

Man lärme nicht um Mitternacht,

Das Auge des Gesetzes wacht.

Verlierst Du beim Spiel, laß das Gesichtcrschnciden, Verdrossne Spieler kann niemand leiden.

Wenn ich einmal heirnt, dann mach ichs gleich aus:

Wenn die Frau nicht zu Haus ist, bin ich Herr im Haus.

Gut Bier, frisch Wein, ein Musika rein,

Dazu ein Jungfräulein, wär ja ein Stein.

Der da nit wollt lustig sein.

Der Mensch am angestammten Tisch,

Er fühlt sich wohler als ein Fisch.

Wer eines Menschen Freude stört,

Der Mensch ist keiner Freude wert.

Sind holde Fraun im Kreis der Gäste,

Wird jeder Tag zum frohen Feste.

Sehr spät ist oft die Sitzung aus,

Drum denke früh an den Schlüssel vom Haus.

Wer nicht kann Spaß verstehn,

Soll nicht in Gesellschaft gehn,

Wer seinen Mund hat in Gewalt,

Der wird in Ehren alt.

Der recht volltönige Parteitag jüngster Tage zu Mannheim läßt uns wieder die Angemessenheit folgender den Schluß bildender Kneip- spriiehe erkennen, deren erster und dritter auch aus dem genannten Lokal stammen; den zweiten aber schrieben wir uns 1898 bei unserm Besuch in der lieblichen Residenz Sondershausen im dortigen Ratskeller ab.

Sitzen Politikphilister beim Bier auf der Bank,

Wird leicht die ganze Umgebung krank.

Fortschritt oder nationalliberal,

Sei beim Bier Dir ganz egal.

Hoch und erhaben über

Der Parteien Treiben und Hader

Steht das Vaterland Dir

Und der Kaiser, des Reiches Vater.