Wanderungen Aber märkische Friedhöfe.
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Wanderungen über märkische Friedhöfe.
Von Reinhold Jülichei'.
Wie wir am andern Orte („Die Mark“ 3. Jahrgang) näher aus- fuliren werden, dürfte wohl kein mit Verstand und Wißbegier reisender Wanderer gerade in den Dörfern und kleinen Orten sowohl an der Kirche als am Friedhof des Ortes teilnahmlos vorübergehen. Sehen wir ganz von dem Gefühlswert der Mahnungen ab, welche über die Mauern ragende Kreuze und Denksteine abgeben, so ist doch der Besuch der Kirchen und der — fast in allen Dörfern noch in ihrem Schirm und Schatten liegenden (alten geschlossenen oder noch bis auf den heutigen Tag benutzten) Gottesacker in sehr vielen Beziehungen äußerst interessant und lehrreich. Der Botaniker, wie der Statistiker, der Geschichts- und Namensforscher wie der Volkswirt, der Blumenfreund und noch manch anderer Liebhaber kommt dabei irgendwo und irgendwie auf seine Rechnung. Dafür seien einige Beispiele erlaubt: Uralte, teils seltsam geformte Linden schmücken die Kirchhöfe zu Wulkow und Nietwerder im Ruppiner Lande, üppig wuchernde, sonst aus den Gärten verschwindende, wunderlieblich duftende Ceiitifoliensträucher und andere Vertreter einer ans den Dorfgärten jetzt verschwindenden Flora haben auf diesen und andern märkischen Dorffriedhöfen noch eine Freistatt; Epidemien und große Sterblichkeit der Kinder, wie auch besonders zahlreich auftretende lange Lebensdauer lassen sich deutlich an den Grabsteinen ablesen — Namenhäufigkeiten wie Verwandtschaften machen sich ebendort bemerkbar; Schicksalsschläge — Mordtaten etc. — Unterlassen, da ihre Spuren — Epitaphien und Denkmäler bereichern das Wissen des Geschichtsforschers sowohl als das des Kunsthistorikers, und nicht zuletzt läßt sowohl der vei’schiedene Stand der Gräberpflege als auch die Ausstattung der Grabdenkmäler und die Auswahl der sie bedeckenden Sprüche oder Verse gar mancherlei volkskundliche Schlüsse zu. Aus diesen Gründen erlaube ich mir, abermals eine Wanderung über märkische Friedhöfe — einschließlich derer Berlins und seiner großen Vororte — anzutreten und dem geehrten Leser die Früchte derselben darzubieten. Weil es mir noch so frisch in der Erinnerung ist, nehme ich mir die Freiheit, zuerst ein paar Grabsprüche von dem zwischen steilen Sand- und Kalksteinfelsen liegenden romantischen Friedhofe des Harzdorfes Questenberg (Roland Questenfest — Bauerngraben) in der sogenannten „Thüringischen Schweiz“ mitzuteilen.
Selig, selig sind die Toten,
Die am Ende wohl bestek’n Und mit welchen Gottes Boten,
Engel selbst, zu Grabe geh’n;