Issue 
(1907) 15
Page
264
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Wanderungen über märkische Friedhöfe

Der Itixdorfer Kirchhof in Britz läßt uns lesen:

Hier wo der Wind so schaurig Um diesen Hügel weht,

Hier, wo so still und traurig Des Grabes Blume weht,

Hier ziehts mich hin mit Sehnen,

Hier fallen Sehnsuchtstrlinen Auf diesem stillen Grab.

Arbeit war Dein Los im Leben,

Redlichkeit war Deine Pflicht,

Empfunden hast Du nur Beschwerden,

Des Lebens Freude ward Dir nicht.

Einer 19jährigen Jungfrau ruft man nach:

, Schlummre sanft Du holde Blüte,

Hingewelkt im Lebensmai,

Gebe Gott, daß ihr die Erde Nun ein sanftes Bette sei.

Endlich:

Wenn mein Mund nicht kann reden frei,

Dein Geist in meinem Herzen schreie,

Dein letztes Wort laß sein mein Licht,

Wenn mir der Tod das Herze bricht.

Eine interessante längere Grabinschrift vom Matthäikirchhof in Schöneberg lautet:

Johann Seifert, * 0. 5. 1800, f 1877. Der unzertrennliche Ge­fährte Alexanders von Humboldt. 83 Jahre beschied die Gottheit ihm in unfehlbarer Erhabenheit, gleichsam ein von ihr auf sein Grab gesenkter, frisch ergrünender Lorbeer, den gleichen Todestag mit seinem Humboldt. So bleiben auch noch bis über das Grab hinaus in unverbrüchlicher edler Treue ihre Hände in einander gereiht.

Dem Philosophen, Appellationsgerichtspräsident J. II. v. Kirchmann rühmt die Grabschrift nach:

Er hatte den Geist eines Philosophen und das Herz eines Kindes. Er wird fortleben in seinen Werken und in der Liebe seiner Nach­kommen unvergessen.

Auf dem Jerusalemer Kirchhof in der Bergmannstraße: Dauernder als Erz und Marmor, hat die Teure, die hier ruht, in dem Herzen ihrer Lieben sich ein Denkmal erbaut.

Luisenstadtkirchhof ebendort:

Wenn Liebe könnte Wunder tun Und Tränen Tote wecken,

So würde dich gewiß nicht hier Die kühle Erde decken.