Heft 
(1907) 15
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8. (3. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

den so viel älteren belgischen und französischen. Dies ist sehr erklär­lich, denn zur Tertiärzeit war unsere einzige Quelle für Feuerstein, die Kreide, noch von Tertiärschichten bedeckt, die erst von dem vordringen­den Eis abrasiert wurden. Dali je weiter nach Norden, die Lagerstätten immer jünger werden, erklärt sich allenfalls daraus, daß der Mensch dem nach Norden sich zurückziehenden Eise folgte. Es wäre nun aber durchaus irrtümlich, anzunehmen, daß dem jüngeren geologischen Alter die größere Vollkommenheit der Feuersteingeräte entspräche. Das wäre von vornherein nur dann glaublich, wenn sich alle F'unde an ihrer pri­mären Lagerstätte befänden, was aber von dem durch die Gletscher ge­schobenen und durch die Gletscherwässer verteilten Material keineswegs, sondern höchstens von den Höhlenfunden anzunehmen ist. Das deckt sich auch beispielsweise mit den bei Biere gemachten Funden, von denen Dr. Hahne berichtet, daß das gröbere Material von Eolithen sich in den oberen Schichten befunden habe. Der Redner faßte das Ergebnis seiner Ermittelungen dahin zusammen: An den wenigen Fundstellen aus der Zwischeneiszeit im norddeutschen Diluvium haben sich zweifellos be­arbeitete, also paläolithische Feuersteinaitefakte in geringer Zahl ge­funden. An den Fundstätten der letzten Eiszeit außerhalb der Vereisung fanden sich ferner Steinwerkzeuge mit etwas vollkommenerer Technik. An den gleichaltrigenzahlreichen Fundstellen innerhalb der Vereisung sind dagegen niemals Paläolithe und Neolithe, sondern nur Eolithe in großer Häufigkeit gesammelt worden. Aus dieser eigentümlichen Be­schränkung des Vorkommens der Eolithe gelangt der Vortragende zu der Überzeugung, daß sie in ihrer überwiegenden MehrzahlZufallsprodukte sind, an denen in unendlich langen Zeiten und während eines lange an­haltenden Transports atmosphärische Einflüsse, Temperaturdifferenzen, Gletscherdruck und Wasser gearbeitet haben, um ihnen ihre gegen­wärtige Gestalt zu geben. Wann hätte auch der Mensch in Norddeutsch­land gelebt, der sich der unvollkommenen Werkzeuge der Eolithen be­diente, da der Taubacher und andere Funde den Menschen der Zwischen­eiszeit doch schon im Besitz besserer Werkzeuge zeigen und da die erste Eiszeit das Material, den Feuerstein, erst aus der Kreide heraus­arbeitete? Es ist doch kaum anzunelimen, daß ein präglazialer Mensch, für dessen Vorhandensein in Deutschland bisher keinerlei Anzeichen sprechen, die unvollkommenen Werkzeuge der Eolithe etwa im Verkehrs­wege aus anderen Gegenden bezogen haben sollte. Wer nach diesen Erwägungen noch ferner an den norddeutschen Eolithen festhält, der möge wenigstens anerkennen, daß die Gegner sich auf Gründe stützen, die durch logische Verarbeitung eines hinreichenden Beobachtungsmaterials gewonnen sind. In der sich anschließenden Diskussion wider­sprach Dr. Halme sehr eifrig der Annahme, daß die Eolithe in ihrer Gesamtheit ein Phantasieprodukt seien, während Geheimrat, Professor