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8. (3. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.
deutschen Vaterlandes die Schlacht von Jena gebildet hat. Mein Herz kann sich nicht darüber freuen, mein Verstand sagt mir aber, wenn Jena nicht gewesen wäre, wäre vielleicht Sedan auch nicht gewesen. Die fridericianische preußische Monarchie war eine großartige in sich einige Schöpfung, aber sie hatte ihre Zeit ausgelebt. Und ich glaube nicht, wenn sie bei Jena siegreich gewesen wäre, daß wir einen gedeihlichen Weg nationaler deutscher Entwickelung geleitet sein würden. Ich weiß es nicht. Aber die Zertrümmerung des morsch gewordenen Baues — morsch, wie die Kapitulationen unserer ältesten und achtbarsten Generäle aus jener Zeit bewiesen haben — schuf einen freien Platz zum Neubau, und das zerschlagene Eisen der altpreußischen Monarchie wurde unter dem schweren und schmerzhaften Hammer zu dem Stahl geschmiedet, der 1813 die Fremdherrschaft mit scharfer Elastizität zurückschleudert. Ohne Zusammenbruch der Vergangenheit währe des Erwachen des deutschen nationalen Geschlechts im preußischen Lande, welches aus der Zeit der tiefsten Schmach und Fi’emdherrschaft seine ersten Ursprünge zieht, nicht möglich gewesen.
Der Grundgedanke dieser Ausführungen Bismarcks hat seitdem als geflügeltes Wort in der knappen Form „ohne Jena kein Sedan“ weiteste Verbreitung gefunden.
LXXXVI. Franzosentotschlag — Franzosengräber. Heut Abend werden wir uns nur mit der Nachtseite der Erscheinungen beschäftigen, welche die Zwingherrschaft in den unterdrückten Völkern leider überall — also mit einer gewissen Naturnotwendigkeit — zu zeitigen pflegt. Die Bande der alten heimatlichen Regierung sind seit 1806 gelockert, teilweise geradezu zerrissen. Rohe Behandlung des Volkes seitens der Sieger, Untaten die von Marodeurs verübt werden, stacheln [die heimische Bevölkerung an, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Das ist das eine Motiv der Franzosentotschläge, wo unschuldige Feinde der Erbitterung des bedrückten Volkes im offenen Kampfe oder auch hinterrücks zum Opfer fallen. Viel häßlicher ist aber die andere Erscheinung, daß gleichzeitig die brutalen Instinkte Raubgier und Mordlust geweckt werden, die zur Ausplünderung feindlicher Kriegskassen, Wagenzüge, einzelner Kuriere und dergleichen führen — begleitet von Mord und Totschlag. Hieraus wird uns u. M. Herr Friedrich Backschat heut ein Abscheu erweckendes Beispiel aus hiesiger Gegend vortragen.
Oft sind die Fälle, an welche sich schauerliche Ereignisse angeknüpft haben mögen, nicht mehr genau aufzuklären. So wurden z. B. in der Darmietzener Mühle zwischen Küstrin und Neudamm im Jahre 1874, im Keller vergraben, viele an einander gerostete Taler-Rollen ausgegraben, etwa 8000 Talerstücke Preußisch Kurant mit den Jahreszahlen 1799 bis 1804. Man nahm an, daß es sich um eine preußische Kriegs-