11. (4. außerordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.
343
Dörferviereck hörte. Damals war Friedrich Wilhelm III. hei Großgörschen glücklicher und konnte noch während der Schlacht, die uns allerdings den großen Scharnhorst kostete, ausrufen: „Nun mag es werden, wie es will, ein Auerstedt wird es nicht!“
Wo war aber während der ganzen Episode die Königin Luise, die ihren Gemahl anfänglich allerdings ins Feld begleitet hatte? Mir liegt ein zeitgenössischer, selbstverständlich französischer Kupferstich, den ich in der Brandenburgia gezeigt, vor: die Königin Luise als bewaffnete Amazone auf einem Pferd sitzend, welches in verzweifelter Flucht davonjagt, von französischen Reitern dicht bedrängt. Auch sonst haben sich in französischer Tradition, sonderbarerweise aber auch bei der Landbevölkerung der Kreise Naumburg und Eckartsberga Vorstellungen erhalten, als ob die Königin wirklich am Kampfe teilgenommen und vom Schlachtfelde geflohen sei, und zwar, wie man auch in meinem väterlichen Heimatsdorf erzählt, über die Brücke zu Carsdorf.
Es ist das aber durchaus irrtümlich und phantastisch. Wie Herr Pfarrer Spiegler nachgewiesen, hat allerdings an dem Schlachttage eine verschlossene, von Kavallerie begleitete Karosse Carsdorf passiert. Wahrscheinlich waren darin aber Gelder und Dokumente. Ein französisches Streifkorps steckte in der Nacht zum 15. Oktober die Cars- dorfer Brücke in Brand, vielleicht, um die Königin abzufangen. Letztere war aber schon früher von Weimar über Erfurt nach Mühlhausen i. Th. gereist. Dort übernachtete sie am 14. und kam am 17. in Berlin an, um erst dort die Hiobsposten von Auerstedt und Jena zu erfahren. Seit 1891 befindet sich an einem Hanse des Untermarktes zu Mühlhausen eine Gedenktafel: „Königin Luise weilte hier am Tage der verhängnisvollen Schlacht bei Jena am 14. Oktober 1806.“
Noch ein recht wichtiges, bislang viel zu wenig beachtetes Moment des Auerstedter Schlachtbildes möchte ich beleuchten. Man wundert sich, dass nach dem völligen Zusammenbruch des Heeres dieses nicht vollständig aufgerieben und der König gefangen wurde, und erklärt dies mit Übermüdung der Sieger. Dies ist nicht völlig zutreffend, denn der Marschall Bernadotte stand im Norden der Schlachtfelder mit einem frischen Korps, das, rechtzeitig verwendet, die angedeutete Katastrophe herbeigeführt haben würde. Aber Bernadotte zögerte, wie man sagt, aus Groll und Mißgunst gegen Davoust, dem er seine Lorbeeren nicht noch vergrößern wollte. Man muß unwillkürlich an das Zaudern desselben Bernadotte bei Großbeeren denken, der sogar Berlin preisgeben wollte. 1806 schlug Bernadottes Zaudern glücklicherweise zum Heil von Preußen aus.
Wie mir mein Vater erzählt, war der Donner der Geschütze in den fernsten Dörfern der Gegend weithin vernehmbar. In meines Vaters Heimat, Kloster Häseler, zersprangen davon die Fensterscheiben. Nach-