12. (6. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.
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Die vorgeschritten Kacheln kommen in die Schleiferei, in welcher 3 Trockenschleifmaschinen von Emil Dechert in Velten stehen. Hier werden die während des ersten Brandes hervorgetretenen Verkrümmungen des Kachelblattes ausgeglichen. Die abgeschliffenen Kacheln werden gesäubert und gewaschen, dann werden sie mit einer nicht schwindenden Masse „vermacht“, wodurch nicht nur die während des Schleifens entstandenen kleinen Vertiefungen in der Oberfläche wieder ausgefiillt werden, sondern auch die Kachel befähigt wird, die Glasur festzuhalten.
Bevor die Kachel dem zweiten Glattbraude unterworfen wird, wird sie glasiert. Die Kachelglasur wird in folgender Weise bereitet: Zinn und Blei werden in genauen Gewichtsteilen abgewogen und in den Äscherofen, einen kleinen Muffelofen, in Äscher verwandelt, d. h. oxydiert. Damit eine möglichst gute Mischung der beiden Metalloxyde erzielt wird, wird vor dem Äscherofen eine mechanische Krückvorrichtung aufgestellt. Diese bestellt aus einem Räderwerk, welches eine Krückstange in hin- und hergehende Bewegungen versetzt. Diese Bewegung erfolgt mit Hilfe eines gezahnten Rades in der Weise, daß lange und kurze Hube der Krückstange miteinander abwechseln. Außerdem wird von Zeit zu Zeit die Krückstange auch gehoben. Der Äscher bildet nun den Hauptbestandteil der herzustellenden Schmelzglasur, die in dem Schmelzofen fertig gemacht wird. Zu diesem Zweck wird der Äscher mit Fürstenwalder Formsand, Kochsalz und Salpeter, wenn notwendig auch mit färbenden Metalloxyden gemischt und auf dem Herde geschmolzen. Die Flamme der Feuerung des Schmelzofens schlägt erst durch den Schmelzraum, zieht dann unter der Sohle durch und gelangt von hier aus nach dem Schornstein. Der Herd des Schmelzofens wird mit Sand beschüttet, auf diesen wird eine Asbestplatte bedeckt, die dann mit dem Glasursatz beschickt wird. Die geschmolzene Glasur erstarrt zu einer dichten Masse, die aber sehr spröde ist und sich nach dem Erkalten leicht zerschlagen und von der Asbestplatte abnehmen läßt. Sie kommt dann zunächst auf ein Brechwerk und wird auf 8 Glasurmühlen naß vermahlen; dazu dienen Oberläufermahlgänge, die sich von den gewöhnlichen Naßmahlgängen nur dadurch unterscheiden, daß der Oberläufer nicht rund ist, sondern rechteckigen Querschnitt besitzt. War die Mühle eine Zeitlang im Gang, so öffnet man einen Spund über dem Boden des Bottichs und läßt den dünnen Brei durch ein Sieb ablaufen. Er wird dann noch dreimal durch immer feiner werdende Siebe geschlagen, bis er endlich die Glasur in unfühlbar feinem Zustande verteilt enthält.
Mit dieser Glasur wird nun die vorgeschrühte Kachel zweimal angegossen, nachdem sie zuerst in reines Wasser getaucht worden war. Das Angießen ist eine sehr schwere Arbeit, zu der eine ganz besondere Übung gehört, wenn die. Glasur gleichmäßig über die ganze Kachelober-
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