Heft 
(1907) 15
Seite
388
Einzelbild herunterladen

388

12. (5. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

mande dafür, daß er Samuel Rösel nicht kannte. Er teilte sie in dem Buch seinen Lesern mit, konnte aber gleichwohl auch da nur eingestehen, daß er den Professor Rösel (der gewiß ein vortrefflicher Herr war) immer noch nicht kenne. Nachdem jedoch das Buch erschienen war, ging ihm ein so reiches Material über den nicht uninteressanten Mann zu, daß er in der neuen Auflage dem Bornstädter Kapitel ein eigenes, Wer war er? überschriebenes folgen ließ. Hier gibt er unter Mit­teilung von Briefen und kleinen Gedichten, sowie unter Aufzählung etlicher Malereien und Zeichnungen Rösels eine eingehende treffende Charakteristik der Persönlichkeit. Wer sich für die Erscheinung, die für das Berlin von 182540 bezeichnend ist, interessiert, sei darauf verwiesen. Bei der Vorlage des Autographen versuchte der Vortragende selbst eine Charakteristik Rösels, aber wozu hier wiederholen, was schon einmal besser geleistet wurde? Zu den Fontaneschen Aus­führungen kommen inzwischen noch an Literatur in Betracht Herrn. Wicli- mann, Gesammelte Aufsätze Bd. J1I, Rom 1890, S. 171 ff. und Karl Theodor Gaedertz in der Sonntagsbeilage der Vossischen Zeitung 1903 Juli Nr. 2729.

Nur das Notwendigste sei in aller Kürze über Rösel be'merkt. Er war im Jahre 1709 geboren und starb 1843. Er war Landschaftsmaler und Professor an der Kunstakademie in Berlin. Er gehörte seinerzeit zu den geschätztesten Künstlern der Hauptstadt. Er war ein intimer Genosse des Zelterschen Kreises und auch mit Hegel befreundet. Durch Zelter kam er in Beziehung zu Goethe, dem er eine hohe Verehrung zollte. Er schickte ihm wiederholt Zeichnungen und erlangte nicht ohne Nach­hilfe Zelters, daß ihm der Dichter in Versen seinen Dank für die ihm erwiesenen Aufmerksamkeiten aussprach. Man findet diese nicht eben hervorragenden poetischen Erzeugnisse unter den Gelegenheitsdichtungeu in den Werken Goethes. Er hatte auch das Glück, bei einem Besuche in Weimar von dem Olympier empfangen zu werden. Rösel dichtete selbst, wie unser Autograph beweist. Besonders soll er sich als poetischer Improvisator ausgezeichnet haben. Deshalb und wegen andrer gesell­schaftlicher 'Talente war er in den angesehenen Kreisen Berlins, so bei Feilners, Mendelssohns, eine beliebte Persönlichkeit. Seinen scharfen sarkastischen Witz hielt man ihm wegen seiner Herzensgute und seiner unermüdlichen Gefälligkeit zu gute. Zuletzt wurde er geistesschwach und verfiel dem Trunk. In dieser Zeit nahm sich Friedrich Wilhelm IV. seiner an und ließ ihn in der Familie des Hofgärtners in Charlottenhof pflegen.