12. (6. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres. 395
Aus den ersten nachchristlichen Jahrhunderten stammen in den Hoefler’schen Abbildungen viele Rundgebäcke, die ein einfaches, grösseres oder kleineres Kreuz aufweisen; darau reihen sich gleiche aus späteren Jahrhunderten. Die Erwähnung von Katakomben, Sarkophag und Weihbrot genügt, um die Heiligkeit solcher Gebäcke zu bezeugenin dem Iloefler’schen Buche „Weihnachtsgebäcke“ finden wir viele gebackene Wickelkinder, in ihren Umrissen (was besonders bei Fig. 28 zutrift't) dem neapolitanischen alla dolores gleichend. Dass letzteres seine Gestalt dem sogenannten Knaufgebäck entlehnt haben könnte, wäre — trotz geringer Ähnlichkeit — ebenfalls in Erwägung zu ziehen. Nach Iloefler greift das Knaufgebäck auf die (mehr oder minder willkürliche) Darstellung von Knochen (Totenknochen) zurück, was in diesem Falle das Wort dolore eher erklären könnte. — In der Abhandlung „Ostergebäcke“ befindet sich neben der typischen Form des Knaufgebäcks ein Ostergebäck aus Niederbrombach (Fig. 36), welches Gebäck in seinem dreiteiligen Aufbau dem alla dolores nahekommt.
Die ebd. befindliche Abbildung eines altägyptischen Kreuzbrotes — die den runden Kreuzbroteu in der Anordnung vorangeht — ist besonders dadurch interessant, dass sie uns das Brot in der Form zeigt, die uns die wohlbekannteste ist; ich möchte sie mit der riesenhaften Vergrösserung eines Weizenkornes vergleichen. Über dieses „Korn- Modell“ hinweg läuft ein Kreuz, das hier aber nur als eine Verzierung ohne Nebensinn aufzufassen ist.*)
Die Spiral- oder Schneckenform kehrt bei volkstümlichem Gebäck oft wieder. Dass auch sie eine Vorgeschichte haben müsste, war wohl anzunehmen. Man sollte nun ausfindig machen, zu welcher Zeit (d. h. zu welchem Feste) man heute Schnecken haben muss; nach meinen Erfahrungen verteilen sie sich über das ganze Jahr. — Hier kann ich nun anreihen, was bei Iloefler (in der Abhandlung „Weihnachtsgebäcke“ S. 43) gesagt ist. Spiral- oder Schneckengebäcke die in Würzburg, Fulda usw. nachts nach der Christmette verkauft werden, wären schon (von II.) in der Zeitschr. d. Vereins für Volkskunde 1903 geschildert und als Teile des indogermanischen Hakenkreuzes ex-klärt worden, „von dem Elard Hugo Meyer in seiner Germanischen Mythologie schreibt: Haken- und Radkreuze umgaben das ganze weitere Leben der Germanen im Frieden wie im Kriege
*) Von jetztzeitigen kreisrunden Gebäcken erwähne ich die in Posen beliebten Roggenbrote; Umfang 132 cm, Durchmesser 37 und 47 cm, Höhe 9 cm in der Mitte, Gewicht 6 Kilo, Preis 1,— M. Ferner das grosse pane di cassalunghi genannte Familienbrot, das ich in Pisa antraf. In beiden Fällen: Form eines Kugelabschittes. — Das etwa 2ö cm im Durchmesser aufweisende Wiener „Schwarzbrot“ ist ein Rundgebäck, bei dem 5 erhöhte Linien eine Spirale bilden, wozu noch 3 Grübchen kommen.
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