Heft 
(1907) 15
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12. (5. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

bis in den Tod hinein und über den Tod hinaus. Ursprünglich auf die verschiedenen festlichen Zeitgebäcke (Fladen, Kuchen,Wecken usw.) als Wohl- oder Segenszeichen oder als Apotropaeon aufgelegt, haben sich die Teile der Hakenkrenze (Crux gammata) im Laufe der Zeit von letzerem wieder selbständig gemacht; sie erscheinen heutzutage fast nur mehr als Schneckennudeln oder Sehen, in Schweden als soge­nannte Goldwagen. Nach de Rossi ist die Crux gammata eine der ersten und spontansten Applikationen eines früher in Asien und Italien gebrauchten dekorativen Zeichens von Seite der Christen, um sich in der Periode der Verfolgungen unauffällig einander erkennen zu geben.*) In den Katakomben kehrt das Hakenkreuz sehr oft wieder, hatte also irgend eine Beziehung zum christlichen Totenkult erlangt. [Vielleicht daher alla dolores?] Wie ,J. A. Hoernes erklärt, ist das Hakenkreuz ein apotropäisches Zeichen, das in Gestalt von zwei sich durchschneidenden S-förmigen Linien besonders häufig auf trojischen Votivspinnwirteln sich findet.

Nach Hoefler**)verdanken die deutschen Gebildbrote, deren Formen zum grössten Teil aus Italien oder dem Römerreiche slammen, fast alle ihre Entstehung dem Seelen- oder Totenkult. -Es wurden nämlich die alten wertvollen Grabbeigaben im Laufe der Zeit durch die Formen der Totenbrote abgelöst. In der sacraalen Opferpflicht, im Toten- und Seelenkult liegen die ersten Anfänge zur Herstellung von Gebildbroten. Sie zeigen sich an den grossen germanisch - heidnischen Opferfesten, wie später auch an den Festtagen des jüdisch - christlichen Kalenders. Mit dem Einfluss der römischen Kultur kamen auch die südlichen Gebäckformen. Später ist dann mit steigendem Verkehr starke Mischung der Formen eingetreten.

Dankenswert wäre es, wenn nun ein Brandenburgia-Mitglied sichs an­gelegen sein ließe, allmählich festzustellen: welches Gebildbrote in der Mark Brandenburg zu den einzelnen Jahresfesten usw. sozusagen un­erläßlich sind. Daß der uralte Festbrei in Gestalt von Weißbrot in Milch (mit oder ohne Mohu) immer noch üblich ist, werden Sie Alle wissen. Wir in Ostpreußen müssen einen Grüudonnerstagkringel haben (der übrigens in Braunschweig als gut gegen Fieber angesehen wird.***) Der sog. Fladen ist ungemein verbreitet und darf wohl fast nirgends zu den Festen fehlen. Er ist sicherlich dasjenige Nahrungs­mittel, das (wie ich schon vorhin sagte) vielleicht ganz unbeabsichtigt den Übergang vom Brei zum Gebäck bildete. Die Ansicht wird wiederum durch ein Hoeflersches Wort unterstützt.Der Hang des Volks zum

*) F. Franzius, Bayern zur Römerzeit, S. 437.

**) Vgl. Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde 10, S. 234 f. (Otto Lauffer).

***) Hoefler, Ostergebäck 8. 9.