12. (5. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres. 397
Erhalten des Überkommenen äußert sich namentlich durch die fast allgemein übliche Form des Osterbrotes in Gestalt der Fladen, Zelten oder Breitling (Flarren, Flärrle, Fleck, Platz): es ist dies ein flaches, mehr dünnes und ausgebreitetes, als erhabenes, rundes, selten (wie in Sachsen) viereckiges Gebäck, wegen dessen auch der Ostersonntag in der Schweiz „Fladensuntig“ heißt. In ahd. Zeit hieß das Gebäck preiting; im späteren Mittelalter war der „Breiting“ (Breitling) nur ein Leckerbissen, während der westgermanische „Fladen“ (ahd. Flado) das eigentliche Wort für flaches Osterbrot blieb; er entwickelt sich ursprünglich durch Ausbreitung des dicken Mehlbreies (Grütze, Mus) über einem flachen, heißen Aschensteine, wobei aufgeschüttetes Fett das Anbrennen des Teiges verhütete“. (Ostergebäcke S. 33 f.)
Als sog. „Platz“ ist das flache Gebäck in den östlichen Provinzen sehr beliebt; allerdings immer in runder Form, während der Fladen in Länge und Breite allemal dem länglich viereckigen Blech entspricht, auf dem er gebacken wird; ausgenommen die Danziger Fastnachtsfladen. Der „Flammplatz“ und der „Aschenplatz“ sind unserm Volk von Kindheit an lieb und spielen auch in Märchen eine Rolle. Sie sind an» keine Zeit gebunden und werden meist nach Fertigstellung des Brotes geformt. — Aus dem Samlande hörte ich die Bezeichnung „Flammfladen“. Er wird aus Roggenteig auf dem „Schieber“ gebacken. So groß, daß er für eine Familie zum Kaffee reicht. Speckstückchen und Zucker dürfen nicht vergessen werden. Man sagt „Flammfladen sind für die Engelchen.“
In Westpreußen gibt es zu Fastnacht die „Schorrbacken“: große runde Kuchen, die auf der Pfanne (erst auf der einen, dann auf der andern Seite) gebacken werden, um recht heiß mit Butter gegessen zu werden.
Es sei mir gestattet, noch einmal nach Italien zu gehen und zunächst daran zu erinnern, was Goethe am 19. März 1787 in Neapel beobachtete. Er schreibt: „Man darf nur auf der Straße wandeln und Augen haben, man sieht die unnachahmlichsten Bilder. So war auch heute das Fest des heiligen Josephs; er ist der Patron aller Fritaruolen*), d. h. Gebackenesmacher, versteht sich Gebackenes im gröbsten Sinn. Weil nun immerfort starke Flammen unter schwarzem und siedendem Öl hervorschlugen, so gehört auch alle Feuerqual in ihr Fach; deswegen hatten sie gestern Abend vor den Häusern mit Gemählten zum besten aufgeputzt: Seelen im Fegfeuer, jüngste Gerichte glühten und flammten umher. Große Pfannen standen vor der Türe auf leicht gebauten Herden. Ein Gesell wirkte den Teig, ein anderer formte, zog ihn zn Kring-
*) Frittata Eierkuchen, Fritella Pfannenkuchen, Fritto und Frittura in der Pfanne Gebackenes.