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12. (5. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.
weih gezierter Hirsch ist. Wie Hoefler (Weihn. 05) unter Anführung vieler Beispiele erklärt: ist der Hirsch — dessen Bild auf Weihnachts- gebäcken, namentlich in Süddeutschland, sehr häufig wiederkehrt — zu den uralten Neujahrs-Opfertieren zu zählen. (Vgl. E. II. Meyer.)
Geehrte Anwesende, schon auf diese wenigen Hinweise werden Sie ersehen, wie groß das Gebiet ist, auf dem die Kulturgeschichte des Brotes und der meist volkstümlichen Festgebäcke verfolgt werden kann, und Sie werden gewiß nicht die noch einmal ausgesprochene Bitte unberücksichtigt lassen, Ihre Beobachtungen mündlich oder schriftlich mitzuteilen.
Wenn in der Weltstadt Berlin noch bis zur Gegenwart das Gedächtnis des (freilich nicht slavischen, sondern germanischen) Donnergottes Thor-Donar an seinem ureigenen Tage — dem Donnerstag — mit dem ihm zukommenden Erbsengericht gefeiert wird, (oder ist hier ein liebenswürdiger Zufall zu vermuten?) so könnte man auch annehmen, daß in der Mark noch Beziehungen zu uraltem, volkstümlichem Gebäck nachzuweisen sein werden.
Hiermit wende ich mich an die ganze werte Versammlung.
Nachtrag. „Bei der Öffnung antiker Gräber im oberägyptischen 'Hieben, auf denen das Siegel von Jahrtausenden unverletzt geruht hatte, fand man Totenbrote mit in die Leichenbinden eingewickelt, Weizenkörner in den Händen der Mumien. — Die Keimkraft des Getreidekornes erscheint als etwas nahezu unvergängliches; ackerbautreibende Völker schütten es daher mit in die Gräber, den ewigen Schläfern zur immerdauernden Speise; Kulturvölker haben es zum Sinnbild einer über das Grab hinausreichenden Fortdauer erhoben. Herkömmlich sieht man auf Kirchhöfen katholischer oberdeutscher Dörfer in dem Weihwasserbecken neben dem Grabkreuze einen aus Kornähren geflochtenen Sprengwedel liegen; er ist ein Symbol des hier gleich einem Weizenkorn in die Erde gesenkten Lebens, das durch den Tau des Weihwassers wieder erweckt und gezeitigt werden soll.“ (E. L. Kochholz, Deutscher Glaube und Brauch im Spiegel der heidnischen Vorzeit. 1. S. 299.) — ln der Kirche S. Lorenzo luori le mura (Rom) sind unter den Verzierungen oberhalb der Säulen mehrmals Sträuße von Weizenähren; ein anwesender Geistlicher schrieb mir auf: frumento (Weizen) = encaristia, pane, ostia (consacrata); wie Ei und Wein auf ewiges Leben sich beziehend. In S. Pietro in Vincoli (Rom) zeigt das Grabmal der florentinischen Künstler Pietro und Antonio Pollajuolo (gest. 1498) zu beiden Seiten Weizenähren im Relief.
Die Heiligkeit des Brotgetreides und des Brotes an sich genügen nicht immer, wie das Hakenkreuz usw. beweisen. Sehr häufig kommt auch das Hufeisen dazu; so in Ostpreußen.