Heft 
(1907) 15
Seite
403
Einzelbild herunterladen

12. (5, ordentliche) Versammlung des XV. Vereins] ahres.

408

Alte legt sich den mit fünf aufrechtstehenden Federn besteckten Kuchen ebenfalls auf den Kopf, und erst, wenn er mit seiner Frau die Runde getanzt hat, legt er den Kuchen auf den Tisch. (Ob auch nur annähernd ähnliches anderweitig vorkommt? Und was hätten Beobachter des Volks­lebens zu dem einen oder dem anderen Punkte der Feier zu sagen? Z. B.Küssen des Brotes).

Fruchtbrot. Sind in der Mark Fälle bekannt, wo Äpfel und Birnen in den Brotteig gemischt werden? U. A. ist diese Sitte (wie wohl allgemein bekannt) in Süddeutschland sehr verbreitet. E. v. Kudriaffsky (die historische Küche, S. 223) erwähnt, daß das panforte von Siena als Grundteig das verkochte Fleisch vorzüglich wohlschmeckender Kürbisse habe. Vor einigen Jahren konnte ich mir das panforte vom Steueramt (in Berlin) holen; es war mir als Weihnachts­geschenk übersandt worden. In den dunkelbraunen (rundgeformten) Teig, der an der Oberfläche runde Erhebungen zeigte, waren Nüsse, Mandeln, Feigen usw. eingebacken.*)

Mehlersatz. (Abgesehen von Hirse, Buchweizen usw.) Die Lappen kneten in ihre Hafergrütze Tannen- und Fichtennadeln, und die Bewohner von Kamtschatka setzen dem Mehl Birken- und Tannenrinde zu. In Island spielt das auf den Felsen wachsende Moos (oder die Flechte?) eine große Rolle als Zutat (ostpreuß.Verlängening) -des Mehls; es wird in getrocknetem und gemahlenem Zustande beim Brote verwandt. (D. Tagesztg. 250; 24. Okt. 1903). Vgl. Karl Weinhold, Altnordisches Leben. (1850; S. 149 f.) Emil Knaake sagt in seiner AbhandlungDie wirtschaftlichen Zustände Ostpreußens und Litauens am Anfänge dieses (des 19.) Jahrhunderts:Im Frühjahr 1812 fehlte es vielfach an Brotgetreide; man mischte es daher mit Kräutern und Baumrinden. (Mitt. d. Lit. litt. Ges. 13. H. 1888, S. 55.)

Hungerbrot. Virchow zeigte einmal in der ßerl. anthrop. Gesell­schaft (s. Verli. 1892, S. 506) russisches Hungerbrot. Im Provinzial- Museum zu Halle befindet sich ein Hungerbrötchen von 1847; wie ein kleiner Badeschwamm anzusehen. Und Friedrich Joseph Grulich (Denkwürdigkeiten der altsächsischen kurfürstlichen Residenz Torgau aus der Zeit und zur Geschichte der Reformation; 3. Aull. 1855) meldet (S. 120): Im Jahre 1308 war solche Teuerung, daß man ein Brötchen, wie ein Taubenei groß, mit 3 Pf. bezahlte. Zum Gedächtnis daran hat man nachgehends jährlich solche Brötchen gebacken, die man Spar­brötchen nannte.

*) i c h gebe für alle Fälle hier die Adresse: G. Parenti, fornitore della K. Casa; Siena (Fabbrica di Panforti). Das alte und berühmte Gebäck ist mit vielen Medaillen ausgezeichnet und schmeckt in der Tat vortrefflich. (Aber der Zähne wegen nicht zu hastig sein! es ist recht hart).