404
12. (5. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.
Allerlei Aberglauben. In Lippe-Schaumburgschen besteht die Sitte, daß das Brot, das man beim Bäcker backen läßt, „nicht ganz“ ins Haus kommen darf; man formt daher noch ein winziges Brot, das mitgebacken und vor Ablieferung der ganzen Ware zerbrochen wird, um in diesem Zustande ins Haus zu gelangen. — L. Freytag (Pflauzen- Aberglaube in den Alpen; am Urdsbrunnen 1888—89, Nr. 8.) erwähnt u. a.: „Schimmeliges Brot soll eine gute Singstimme bringen. — Vernachlässigte Brosamen backt der Teufel zu einem glühenden Brotlaib; oder er wirft den daraus geformten Laib beim großen Weltgerichte in die Wagschale zu den Sünden. — Man darf auch nicht mit dem Messer ins Brot stechen; sonst rinnt Blut heraus. — Legt man Brot auf die bloße Erde, so wird man wahnsinnig. — Nudeln oder Krapfen, in die Glut einer Feuersbrunst geworfen, stillen dieselbe.“ — Daß sogar schon das Anfassen des Brotmessers Schutz gewähren kanu, erfahren wir bei Alexander Rumpelt (Sicilien und die Sicilianer; Berlin, Allg.V. f. d. Litt.; II. Aufl. 1902, S. 117 f.): „Der arme Pächter, der einen des bösen Blicks verdächtigen Fremden an seinem Feld vorübergehen sieht, wird angstvoll sein großes Brotmesser an der Hüfte berühren“. Und S. 122 heißt es: „In einigen Orten streut man, um vor dem Blitz sicher zu sein, Salz vor die Tür oder man legt geweihte Brötchen hin“ usw. — J. J. 1897 erzählte das „Memeler Dampfboot“, was 50 Jahre vordem aus dem Kreise Memel zur Kenntnis des Gerichts gelangt war: In einem abgelegenen Gebäude hatten sich Litauer in der Nacht versammelt, einen Bock geschlachtet und mit dessen Fleisch, sowie mit Teig (den sie aus mitgenommenem Mehl bereitet hatten) eine eigenartige Feier veranstaltet, nämlich wegen allgemeiner Beichte. Die Stücke Fleisch und Teig warfen sie einander durch die Flamme eines offenen Feuers solange zu, bis sie gar waren. Nachdem alle einem alten Manne, dem sogenannten Priester, gebeichtet hatten, mußte dieser gleichfalls ein Bekenntnis ab- legen. Da er aber mit Püffen und Ohrfeigen nicht gekargt hatte, schlug man so unbarmherzig auf ihn ein, daß er seinen Tod dabei fand. — Solch’ „volkstümliches Gebäck“ dürfte in der Mark Brandenburg kein Seitenstück haben.
XXV. Im Lauf der entstehenden Besprechung dieses mit lebhaftem Beifall begrüßten Vortrags legte der Vorsitzende E. Friedei noch folgende volkstümliche Gebäcke und Mitteilungen vor:
a) Ein Printenmännchen und ein Weckenmännchen aus Cöln a. Rh. durch Herrn Kreisarzt Dr. Hubert Lohmer daselbst freundlich eingesandt. Das Weckenmännchen hält eine kurze altcölnische Tabakspfeife aus weißem Ton im Munde, also eine ortsübliche Besonderheit. Die Printen sind am ganzen Niederrhein auch im Niederländischen bekannt, auch in Berlin beliebt unter dem Namen Aachener Printen. Alles dies ist Festgebäck zum Sankt Niklastag und zu Weihnachten.