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13. (8. außerordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.
Dieser Vortrag trug dazu bei, daß ein Stimmungsnmschwung bei denen, die der Angelegenheit teilnahmslos oder ablehnend gegenüberstanden, eintrat, und daß der Verein junger Kaufleute, sowie eine Reihe Berliner Handelsfirmen an die Ältesten der Kaufmannschaft das Ersuchen stellten, die Errichtung einer Handelshochschule in Erwägung zu ziehen. Das Ältesten-Kollegium nahm die Sache in die Hand und versuchte, nach dem Beispiel von Leipzig und Aachen, eine Handelshochschule unter Angliederang an die Berliner Universität oder an die Technische Hochschule in Charlottenburg zu errichten. Der Durchführung dieses Plans stellten sich aber erhebliche Schwierigkeiten entgegen, und da um jene Zeit auch Streitigkeiten um die Organisation der kaufmännischen Handelsvertretung in Berlin vorfielen, so geriet die ganze Frage nach und nach ins Stocken.
Aber die Angelegenheit kam nicht in Vergessenheit, und dem tatkräftigen Eintreten des Präsidenten des Ältestenkollegiums, des Stadtältesten Kamp ff, ist es zu verdanken, daß die Hochschulfrage wieder in Aufnahme kam, daß sie gefördert und praktisch verwirklicht wurde. Im Mai 1903 beschloß das Ältestenkollegium die Errichtung einer selbständigen Hochschule, und da die Verhandlungen mit .dem Kultus- und Handelsministerium einen schnellen und befriedigenden Verlauf nahmen, so erfolgte bereits am 4. Januar 1904 die staatliche Genehmigung des eingereichten Statuts. Bald darauf wurde der Bau eines eigenen Ilochschulgebäudes in der Nähe der Börse an der Ecke der Spandauer- und Heiligegeiststraße in Angriff genommen und mit einem Kostenaufwand von 3 Millionen Mark in vollkommenster Weise durchgeführt. Der von den Architekten Cremer und Wolffenstein errichtete Monumentalbau, in den die Heilige Geist-Kirche eingefügt ist, enthält eine Aula, 11 Ilörsäle, zwei Laboratorien nebst Hörsälen, Bibliotheksräume und Lesezimmer, Räumlichkeiten für verschiedene Seminare und die dazu gehörigen Sammlungen und verschiedene Wohnräume.
Die Eröffnung der Handelshochschule erfolgte am 27. Oktober 1900 mittags 12 Uhr in Gegenwart des deutschen Kronprinzen.*)
Der Zweck der Handelshochschule ist laut Statut: „die für den kaufmännischen Beruf nötigen und nützlichen Wissenschaften durch Lehre und Forschung zu pflegen“, und insbesondere soll sie jungen Kaufleuten, unter steter Berücksichtigung der praktischen Verhältnisse, eine vertiefte allgemeine und kaufmännische Bildung vermitteln, Ilandels- sehullehrern Gelegenheit zur Erlangung der erforderlichen theoretischen und praktischen Fachbildung geben und Justiz-, Verwaltungs- und llandelskammerrBeamten usw. Gelegenheit zur Erwerbung handelswissen-
*) Einen ausführlichen Bericht tiber die Feier brachte die Vossische Zeitung in Xo. 505 v. 27. 10. 1900.