Heft 
(1907) 15
Seite
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13. (8. außerordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

Testament aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Diese Bilder schmückten vorher die im 17. Jahrh. eingebauten Emporen, die sich in halber Mauerhöhe an drei Seiten herumzogen und die Schönheit des mittelalter­lichen Baues beeinträchtigten. Das Kirchlein gehörte zum Heiligen Geist- Hospital, dessen Insassen dort dem Gottesdienst beiwohnten, im 17. Jahrh. wirde auch der altkatholischen Gemeinde gestattet, in der Kirche ihren Gottesdienst abzuhalten, und seit jener Zeit ist im Innern und Ändern des Gotteshauses nichts geändert worden. Als im Jahre 1903 der Plan zur Errichtung einer Handelshochschule auftauchte, erwarben die Ältesten der Kaufmannschaft mit den an die Börse angrenzenden Grundstücken auch die Heilige Geist-Kirche und verpflichteten sich, das Gotteshaus der Gemeinde zu überlassen und an anderer Stelle wieder aufzubauen, da­mit es als mittelalterliches Baudenkmal erhalten bliebe. Bald aber regten sich die Stimmen vieler Kunstfreude, welche die Erhaltung des Gotteshauses an dem urspründlichen Standort forderten, und die Ältesten entsprachen schließlich diesem Wunsche, indem sie das Projekt des ganzen Baues umändern und die Kirche dem Gesamtbau angliedern ließen. Hierbei konnten zwei Möglichkeiten in Anwendung kommen, entweder wurde der gesamte Bau dem mittelalterlichen Charakter der Heilige Geist-Kirche angepaßt oder es wurde in dem Neubau der Gegensatz des Modernen zum Alten zum Ausdruck gebracht. Für beide Vorschläge wurden Pläne ausgearbeitet und diese der Korporation und der Allge­meinheit zur Begutachtung unterbreitet. Die meisten Stimmen ent­schieden sich für den zweiten Entwurf, und so wurde der Monumental­bau der Hochschule im Stile deutscher Renaissance zur Ausführung ge­bracht, wobei neben dem alten Backsteinkirchlein ein hoher Glocken­turm errichtet wurde, um den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit zu versinnbildlichen und den allzu krassen Gegensatz zu mildern. Auf diese Weise ist eins der ältesten Baudenkmale Berlins an Ort und Stelle er­halten geblieben und durch Ausbau und Erneuerung zu dem sehens­wertesten Bestandteil der neuen Hochschule geworden. Der geräumige Ilürsaal ruft im Schmucke der Kreuzgewölbe, der eisernen Radkronen, der buntfarbigen gotischen Fenster und der in die Wandtäfelungen eingelassenen alten Ölgemälde einen schönen und anheimelnden Eindruck hervor, erst jetzt nach Entfernung der Emporen tritt die Gliederung des ganzen Baues und die Schönheit der Kreuzgewölbe gut hervor, und man kann den Erbauern der Hochschule dankbar sein, daß sie das Kunstdenkmal in dieser Weise erhalten und er­neuert haben.

Geheimrat Friedei sprach dem Rektor seinen Dank für die Er­laubnis zur Besichtigung der Hochschule und für den interessanten Vortrag aus und gab seiner Anerkennung Ausdruck, daß die Heilige Geist- Kirche erhalten geblieben sei, dann erinnerte er noch an die alte