Der Bürgereid im alten Jüterbog.
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Da Ihr das Bürger-Recht bei hiesiger Stadt erlangen wollet, müsset Ihr vorher einen Eid ablegen. Dieser Eid soll euch gegenwärtig vorgelesen werden.
Hierauf wird der Eid vorgelesen. (Leider ist dessen Wortlaut nicht mehr vorhanden.)
Ihr werdet daraus vernommen haben, daß ihr Ihre Churfiirstl. Durchlaucht Herrn Friedrich August, Unsern gnädigsten Herrn wie auch uns, dem Rath und Stadtgerichten allhier Treue und Gehorsam auch des Raths und gemeiner Stadt Nutzen zu befördern und Schaden und Nachtheil zu verhüten und abzuwenden versprechen sollet. Bei Ablegung eines Eydes ist sonst gewöhnlich, daß man die rechte Hand gegen den Himmel erhebe, die drey ersten Finger ausstrecke und die übrigen zwey einschlage, wodurch man Gott und die heilig. Dreyfaltigkeit zum Zeugen anrufet, das man dasjenige, was man in den Eyd gelobt und verspricht, fest und unverbrüchlich halten will: Leib und Seele aber, welche durch die zwey eingeschlagenen Finger angezeiget werden zum Unterpfand einsetzet, woran Gott einen strafen soll, im Falle man ineyneydig wird und wider seinen Eid und Versprechen handelt.
Bey uns aber ist alter Gebrauch üblich, daß man die rechte Hand ausstrecket, die drey erste Finger auf diesem Klotze, welchen ihr hier sehet, leget und die beyden letzten Finger einschlaget. Auf diesem Klotze sind verschiedene Sinn-Bilder abgemahlet, insonderheit die eherne Schlange, welche Gott durch sein treuen Knecht Moses den Kindern Israel in der Wüste als ein Gnadenzeichen und Vorbild Christi aufrichten ließ. Gott fiihrete die Kinder Israel aus Egypten durch die Wüsten in das gelobte Land, die Kinder Israel aber wurden auf dieser Reise verdrossen und murreteu wider Gott und versündigten sich dadurch also, daß Gott feurige Schlangen kommen ließ, wovon sie zur Strafe gebissen und gestochen wurden. Da aber die Kinder Israel ihre Sünde erkannten und durch Moses bei Gott um Gnade und Vergebung bathen, so befahl Gott Mosi, er solle eine solche eherne Schlange aufrichten und wer dieselbige ansehen und an Gott glauben würde, der solle gesund und von solchen Schlangen-Bissen wiederum geheilet werden.
Zum 2ten und 3ten sehet ihr auf diesem Klotze die Leyden und die Auferstehung Christi, wobei ihr erinnert werdet, daß Christus am Stamme des Kreuzes für uns gelitten und genug gethan, dessen Auferstehung uns aber ein Beweis sey, daß er Gottes Sohn und wahrer Mensch gewesen.
4tens findet ihr auf besagten Klotze das jüngste Gericht abgebildet, wobei ihr erinnert werdet, daß Ihr am jüngsten Tage vor Gottes Richterstuhl von allen euren Tliaten und Handlungen Rechenschaft werdet ablegen müssen und nachdem ihr euer Leben und Wandel angestellet und geführet, entweder zur Belohnung die ewige Seligkeit erlangen oder