Heft 
(1910) 18
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Elisabeth Lemke.

nahe dem Ort Gaden gelegenen Walde geflogen, setzte sich auf den Kopf eines Mannes und rief:

Eßt Kraneber und Biberneil,

So sterbts ned so schnell.

An dieser Stelle wurde vor dem Hause Buschmanns eine Pestsäule errichtet. Der Vogel soll auch bei Truman gesehen worden sein. (Ztschr. f. Myth. IV. 26.) 1 )

Auch in der Provinz Posen hat sich in den 30er Jahren, zur Zeit der Cholera, eine Warnung hören lassen. Einige Leute gingen klagend durch den Wald. Da hörten sie ein großes Geräusch über sich und wie eine Stimme rief:

Braucht Bibernell und Terpentill,

So wird der Tod bald stehen still!

Gleich darauf fiel ein Pferdefuß herab, und die Leute meinten: der Nachtjäger habe ihnen den heilsamen Rat gegegen. Sie befolgten ihn, und die Cholera verschwand. 2 )

In Österreich-Schlesien warnte ein Engel. 3 )

Außer Bibernell werden auf so geheimnisvolle Weise empfohlen: Armetill, Tormentill, Terpentil, Kraneber, Baldrian, Eberwurz, Himmels- brod, Steinobst, Knob, Laurin, Benwell, Rapunzel usw.

Wenn man in älteren Kräuterbüchern nachschlägt, ergibt sich eine große Anzahl körperlicher Leiden, bei denen die Pimpinelle mit bestem Erfolg wirksam sein soll. Dann müssen wir der Phautasiegebilde ge­denken, von denen ich sie mögen Ihnen, geehrte Anwesende, schon zu viele gewesen sein doch nur einen mäßigen Teil angeführt habe, obgleich noch manch nettes Sprüchlein zu berücksichtigen gewesen wäre, wie z. B.

Ihr Junggesell, eßt Bibernell,

So sterbt ihr nicht so schnell! 4 )

Alle Arten Verwundung und Geschwulst, Zahnweh, schwacher Magen, Flecken im Gesicht, Husten und Keuchen, Lungenübel und Leberleiden usw. sollen durch die Pimpinellenkur erfolgreiche Behandlung erfahren. (Vgl. Wayt, Schatzkammer; und Schroeder, Medizinische Apotheke.)

Die möhrenförmige, einen Milchsaft enthaltende Wurzel der Pim­pinelle schmeckt, wie Zimmerer in seinenKräutersagen) sagt,un­angenehm aromatisch. Sie würde im Theeaufguß angewendet und wäre im Frühjahr zu sammeln, d. h. jungen Pflanzen zu entnehmen, um dann getrocknet, zerschnitten und zu Pulver verkleinert zu werden.

*) A. Bitter v. Perger, a. a. 0.

2 ) Knoop, Sagen und Erzählungen aus der Provinz Posen. (1893.)

Ö Anton Peter, Volkst. aus Österreich-Schlesien. (Troppau 1866.) II, S. 240.

4 ) A. Kitter von Perger, a. a. O.

ä ) E. M. Zimmerer, Kräutersagen. (1896.) 8. 345 f.