Heft 
(1910) 18
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Elisabeth Lemke.

märkischen Pimpinella sein Dasein verdankt.') Herr Wilke greift also zurück auf die Abhandlung über die rote Farbe,der ich [sagt er] mancherlei speziell brandenburgische Züge beigesellen könnte, um das von Ihnen Gesagte zu bekräftigen. Z. B.: ich habe nämlich ein echtes, viel benutztes Alrunekin erworben; es stammt vom Oderberger Pim- pinellenberge und ist eine dem Sonnengott Frö geheiligte Pimpinelleu- wurzel, am Himmelfahrtstage geworben. Diese Männlein haben sämtlich von Natur ein verrunzeltes Gesicht, und dessen Augen werden belebt, indem man in die vorhandenen Schlitze mit einer Nadel sticht, wodurch der Saft der Wurzel herausdringt und späterhin sich schwärzlich braun färbt. Das Männlein hat außerdem eine natürliche Zipfelkappel auf und besitzt drei Beinlinge (Triquetrnm). Man kann mit diesen echten Alru- nekins das Glück zwingen und das Leid bannen. Ich habe es von einer alten Frau bekommen und zwar mit der Weisung, einen roten Faden zu nehmen, darin Wünsche zu verknoten und den Faden sicher um den Hals des Alrunen zu schlingen; dann wäre er dienstpflichtig geworden in allen Punkten, die ich ihmeingeknotet hätte. Der rote Faden stellt hier sinnbildlich die Blutsverwandtschaft vor.

Wenn ich hier auch nicht ganz mit Herrn Wilke übereinstimme, * * * * 5 ) so bin ich ihm doch dankbar für diesen ganz besonders hübschen Beitrag zur Pimpinellenfrage.

Nicht nur der Himmelfahrtstag, sondern auch der Johannistag und der Monat Juli sind (nach eingegangenen Berichten) dazu geeignet, der heil- und zauberkräftigen Pflanze mit Erfolg nachzuspüren.Adalbert Kuhn 3 ) erzählt vom Pfingstfest in der Mark, daß um diese Zeit ein Pimpinellengraben stattgefunden habe.An einigen Orten war es ehe­mals Gebrauch bei der Schuljugend, daß sie am Himmelfahrtstage auszog, Pimpinellen oder Bibeuellon (Pimpiuella Saxifraga altera) zu suchen und mit der Wurzel auszugraben, dann aber denjenigen unter sich zum Kö­nige zu machen, der die größte Wurzel hervorzog. Für diese Ehre mußte er seinen Kameraden, auch wohl den Lehrern, einen Schmaus geben. Später ist es wegen mancherlei Uugebührlichkeiten, die dabei stattgefunden, abgeschafft worden. Viele Berge in der Mark tragen davon noch den Namen der Pi mpinelle nberge. So ist namentlich einer bei Königsberg i. d. N. (vgl. KeTirberg, Hist, chrou. Abriß der Stadt Königsberg, S. 14), ein anderer bei Reppen. Herr Rektor Ernst Wienecke (I Berlin) schreibt:Mir wird durch einen Herrn Hahn mitgeteilt: Schulfest im Juli, Auszug auf den Pimpinellenberg bei Oder-

') Daß es sieb um Pimpinella handelt, ist durch die Herren Geli.-Rat Dr.

Ascherson und Prof. Dr. Magnus bestätigt worden.

z ) Ich sehe das rote Band als eine Verstärkung des Zaubers an.

8 ) Adalbert Kuhn, Märkische Sagen und Märchen. (Berlin, G. Reimer, 18G.)

S. 328 f,