60 17. (12. außerordentliche) Versammlung des XVII. Vereinsjahres.
man für Männer aus Eichen- oder Birkenholz, für Frauen aus Tannenoder Kiefernholz. Der Volksaberglaube blüht besonders auf dem Gebiete der Heilkunst. Dabei sind die Litauer streng religiös, und sie schätzen in lobenswerter Weise die Geistlichen. Als in einer Gemeinde ein neuer Pfarrer gewählt werden sollte, gaben die Mitglieder ihrer Zuneigung zu einem Kandidaten dadurch Ausdruck, daß sie ein Gesuch an den König richteten. Sie sagten darin, der König möge ihnen den Gewünschten geben, sie wollten ihn auch so lieb haben wie eine Nachtigall.
Im Anschlüsse an den Vortrag führte unser geschätztes Mitglied, Herr Dr. P. Gaigalat, Mitglied des Abgeordnetenhauses, eine Reihe von Lichtbildern vor, die die Eigenart des litauischen Landes und Volkslebens trefflich veranschaulichten.
Einem Bericht von Felix Poppenberg über die Litauische Volkskunstausstellung in der Voss. Z. vom 25. v. M. entnehmen wir ein paar Einzelheiten. Eine wichtige Rolle in dieser Ausstellung spielten u. a. die Bänder und Besatzborten, und eine reizvolle Nüance war’s, daß die litauischen Mädchen ihrer Gönnerin, der Frau v. Moltke, an einen Maiglöckchenstrauß ein solches langfliegendes Schleifenband, grünweiß abgestimmt, knüpften, das nun mit der silbergrau wallenden Robe einen besonderen Farbenklang gab.
Diese Bänder und Borten haben eine mannigfache Verwendung. Ihre eigenartigste ist, daß sie um den Hals genommen, als Halteschnur für die falbenfröhlichen litauischen Strickhandschuhe gebraucht werden.
Diese Handschuhe sind ein sehr merkwürdiges Kulturstückchen für sich. Sie dienen nicht nur als wärmende Gebrauchssache, sie werden auch als Auszeichnung verliehen, die Gemeinden schenken sie als Ehrengabe ihren Vertretern, und die Mädchen widmen sie als bandgewirkte Liebespfänder ihrem Schatz. Phantasievoll ist die Musterung in mannigfaltigster Farbenschattierung, grau-weiß und grün-weiß gewürfelt, zickzackig durchkreuzt, fischgrätig geflammt, mit dem Motiv der Tannennadeln gesprenkelt, und, wie immer bei den bäuerlichen Kunstfertigkeiten, wird das Initial, die Jahreszahl sowie eine spruchartige Aufschrift ornamental verwandt.
Da wir im Winter ja auch gestrickte Handschuhe zum Pelz tragen, die uns in Waffelmuster die englische Firma Dent liefert, so könnte man, wenn man noch den Ehrgeiz des Modekreateurs hätte, diese vergnüglichen litauischen Handgehäuse für den Abendbummel und den nächtlichen Kriegspfad einführen. Und ich würde die weissen mit pistaziengrüner Zellenmusterung wählen, auf deren Rand eine begabte Litauerin das inhaltsschwere Bekenntnis eingewirkt: »Ich fahre
nach Berlin“.
Auch die Fußbekleidung ist vertreten, freilich nicht so charakteristisch. Man sieht die geflochtenen Bastschuhe, die eigentlich nationale