Heft 
(1910) 18
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80 18. (6. ordentliche) Versammlung des XVII. Vereinsjahres.

lieh denehrwürdigen lutherischen Pastor Nicolas! Fräulein Einert wird als jung, sehr schön und liebenswürdig geschildert; sie war damals 16 Jahre alt, während Nauendorff sein Alter auf 43 Jahre bemißt. Er müßte danach 1775 geboren sein, also 10 Jahre früher als der wirkliche Ludwig XVII. (geb. 27. März 1785). Und nun? Dieselbe verworrene Fülle von Anfragen, Zweifeln und Bedenken bei dieser zweiten Ehe­schließung wie bei dem Tode der sogenannten ersten Ehefrau, der Hanne Hassert! Wie stand Nauendorff zu Fräulein Einert, deren Ilaus in Spandau Steuerwald gesehen haben will? Wie war ihr Vorleben?Die Angabe seines Alters betreffend muß Nauendorff aus politischer Klugheit, um das Geheimnis seiner Person wie im Namen und Vornamen, so auch im Lebensalter zu verdecken, absichtlich gelogen haben; er war zehn Jahre jünger! Es ist bedauerlich, daß die Akten der Kirche und der Stadt hier wie in den Fragen der vielumstrittenen Konfession des Nauendorff (Katholik oder lutherischer Protestant) völlig versagen. Weder der Bürgerbrief noch das Sterbe- und Trauregister enthalten über die Geburt, Konfession, Herkunft und das Vorleben des Nauendorff irgendwelche sichern Ausweise. Nauendorffs zweite Frau Johanne Friederike Einert hat ihn, soviel wir wissen, auf seinen weitern Irrfahrten von Spandau nach Brandenburg, Krossen, Dresden, der Schweiz, Paris, England, Holland treulich begleitet. Sie starb nach ihm in oder bei Rotterdam.

Des weitern berührte der Vortrag die Kirchenbuchs-Eintragungen über die in Spandau geborenen beiden Kinder Nauendorffs. Das erste Kind, eine Tochter Johanne Amalie, wurde am 31. August 1819 geboren und am 19. September von Herrn Prediger Stechow getauft. Unter den Taufpaten werden der Subrektor Preiß (f 1838) und Frau Oberstleutnant v. Obstfelder genannt. Johanne Amalie hatte große Ähnlichkeit (so er­zählt man) mit der unglücklichen Königin Marie Antoinette, der Mutter Ludwigs XVII. Ihre Erscheinung machte neben der des Vaters, der etwas von dem Königszug der Bourbonen an sich hatte, seinerzeit in Frankreich großen Eindruck; sie starb 72jährig am 28. Dezember 1891 zu Messac in Frankreich. Eine zweite Tochter, von deren Heimgang dem Vortragenden unmittelbar vor Beginn des Vortrags freundlickst Mitteilung gemacht wurde, ist nicht in Spandau, sondern später (1835) in derVerbannung (neben weiteren Kindern Nauendorffs) geboren. DerMontag desBerliner Lokal-Anzeigers vom 30. November 1908 (Nr. 609) schreibt:In Apeldoorn (Holland) starb im Alter von 73 Jahren Frau Le Clercq, geborene Marie Therese de Bourbon, eine Tochter von Charles Louis (eigentlich Carl Wilhelm) Naundorff, alias Ludwig XVII. Nächst der Tochter nennt das Kirchenbuch den hier geborenen Sohn Nauendorffs Carl Eduard, geboren den 23. Juli 1821, morgens 8 /.i5 Uhr, am 19. August von Prediger Stecliow getauft. Als Taufpaten fungieren u. a. der Leiter der Privatschule Biester und Demoiselle Preiß, Schwester der