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Bernhard Schmidt.
Jeder beginnt am Mal und später vom jedesmaligen Stand seiner Kugel. Wird vorher verabredet „Mit Spann! “, so erbeutet er sie schon dann, wenn er den Abstand zwischen beiden Kampfobjekten auf das Maß seiner Handspannweite zu verringern vermag. (— Eine Abart verlangt auch das wiederholte Schieben stets vom Mal aus. —Hlei einer dritten Weise („ Kliepern mit Haufen“) werden drei Murmeln zusammen — und eine oben hinaufgestellt. Wer diese Pyramide so trifft, daß die Bekrönung abfällt, hat alle ihre Teile gewonnen.
Hierbei können aber nur zwei Knaben gleichzeitig spielen. Diese geringe Beteiligungsmöglichkeit vermeidet das „ K lieb sehen “*). Hierzu wird ein Kreis oder ein Viereck gezeichnet (jeder murmelgerechte Junge hat Kreide bei sich!). Dann wird die Reihenfolge der Spieler durch „Ausschieben“ festgestellt. Dabei ist ii’gend ein Loch, Strich, Baum etc. das Ziel. Wer dies trifft, oder ihm mit seiner Murmel am nächsten kommt, hat den ersten Schub und so fort. Bei gleichen Leistungen müssen sich die Betreffenden noch einmal „ausschieben“. In die erwähnte Figur hat nun jeder nach Verabredung die gleiche Zahl Kugeln zu setzen. Ferner wird vor Beginn ausgemacht, mit wievielen danach zu schieben ist. Heißt es z. B. „Viere als!“ (zu ergänzen ist: „Einsatz“), so « trudelt“ (= schiebt) jeder mit vier Murmeln. Die aus dem Ziel „ Rausgekliebschten “ darf der Glückliche behalten; seine Fehlgänger muß er einsetzen. Das geschieht natürlich in möglichst weiten Zwischenräumen, damit die anderen Knaben nur ja nicht etwa mehrere auf einmal gewinnen, oder gar das Spiel beenden könnten, was als besondere Ehre gilt.
Dasselbe Prinzip, aber größere Spekulationsmöglichkeit herrscht im „ Rixdorfer “. Ausgemacht wird z. B.: „Rixdorfer fünfe!“ Nun schiebt der erste Knabe eine Murmel vor. Die anderen suchen diese mit ihrem Geschoß zu treffen. Dem Sieger muß jeder Mitspieler die ausgemachte Zahl Kugeln überreichen, in diesem Falle also fünf.
Zur nächsten Spielart: „Alse n“ (von „als Einsatz“; das s wird wie ß gesprochen) gehört ein Loch. Dies wird zum Ärger unserer Hauswirte durch Entfernen einiger Mosaiksteine aus dem Pflaster der Bürgersteige sehr schnell hergestellt. Es heißt „Topp“, „Topploch“, seltener „Pott“ (alle drei Bezeichnungen werden immer mit dem sachlichen Geschlechtswort gebraucht)^ — Der Jargon kennt eine Fülle von Modifikationen dieser Spielweise. Die einfachste Form ist kein eigentliches Gewinnspiel und wird wohl deshalb von den „ausgekochten“ (erfahrenen) Kindern verschmäht. „Det is for de Kleenen!“ sagte mir eine echte Berliner „Range“. Es heißt „Jahre spielen“. Verabredet wird z. B.: „Wer zuerst hundert Jahre is! Viere als!“ Der Einsatz beim „Schub“
*) Die Ausdrüke „ Kliepern “ und „Kliebschen“ werden von vielen Kindern als gleichbedeutend angesehen.