Heft 
(1910) 18
Seite
122
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122 19- (7. ordentliche) Versammlung des XVII. Vereinsjahres.

Herr Kustos Bachholz, Herr und Frau Professor Dr. Brunner vom Volks­kunde-Museum, Herr Professor Stöwing als trefflicher Arrangeur und ich selbst, unterstützt durch Frau und Tochter, haben die Ausstellung der Provinz besorgt, die ungemein reichhaltig ist und noch viel reich­haltiger hätte werden können wenn nicht der Platz mangelte.

Ich lade die Brandenburgia-Mitglieder ebenso freundlich wie dringend zum Besuch ein. Einer von uns ist immer da und zur Führung gern bereit.

Leider steht vor einem unserer märkischen Abteile der mächtige fränkische Brautwagen, der den Anblick aus der Entfernung beeinträchtigt, aber ich muß ja zugestehen, daß dieser Hochzeiterwagen mit der Aus­stattung der Braut bis ins Einzelne ein Juwel der Ausstellung ist, wobei ich mit Vergnügen mich erinnere, wie ich vor ein paar Jahren nahe Rothenburg ob dem Tauber einen vollständigen fränkischen Iloch- zeitszug auf offener Landstraße sah, wobei der Brautwagen ganz ähn­lich ausgestattet war.

Es sei mir aus der Fülle des Nichtbrandenburgschen erlaubt wenigstens zweierlei anzuführen.

1. Die alte sächsische Abteilung. Die alte sächsiche Ab­teilung zeigt als Grundidee ein Erntefest, eine Kirmes. Der Tisch, reich besetzt mit mächtigen Krügen, Blumen, Zinntellern usw., ladet zu fröhlichem Schmaus. 2 Tellerbretter aus der sächsischen Lausitz liefern ihren Inhalt für die nächsten Gänge, denn bei einer richtiggehenden sächsischen Kirmes gehts hoch her. Das Brett mit den blauen Tellern ist ein seltenes Stück, es zeigt die kräftige Eigenart der Keramik des 18. Jahrhunderts. Hoch über dem Ganzen schwebt ein reichgeschnitzter bunter Abschießvogel aus dem Vogtland, der in einer köstlichen Schnitz­bank ein gleichwertiges Gegenstück aus Plauen i. V. hat. Links zeigt sich in besonderem Aufbau ein Stolz der Ausstellung, die Keramik (17.19. Jahrhundert). Gesunde Form und kräftige, aber doch ruhige Farbengebung lassen diese Erzeugnisse vorbildlich wirken. Das säch­sische Churwappen dient oft als heraldischer Schmuck. In der linken Ecke prangt ein altväterliches Himmelbett, bunte Malereien auf dunklem Grunde zeigend. Weihnachtsengel stehen auf seinem Sims.

Eine Wiege mit Uhrwerk bringt den praktischen Sinn seiner Ver­fertiger zum Ausdruck. Alte köstlich geklöppelte Spitzen und Stickereien beweisen, daß im Erzgebirge einst dieser Zweig der Volkskunst in hoher Blüte gestanden. An der Längswand finden wir noch farbenfrohe Bilder, Hochzeitstruhen,Wandschränkchen und einen sogenannten ewigen Kalender, der in sorgfältiger Glasmalerei uns prächtige Schriftproben aus ver­gangener Zeit übermittelt. Die weitaus meisten der ausgestellten Gegen­stände entstammen der Sammlung des Vereins für sächsische Volks­kunde (Leiter Prof. O. Seyffert, Dresden). Die sächsische Regierung