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23. (D. ordentliche) Versammlung des XVII. Vereinsjahres.
wo beide ein gutes Stück Geld im Herbst mit nach llause bringen, da sie als arbeitsam, nüchtern und sparsam bekannt sind, wenugleich dort das Wort „Eichsfelder“ nur gar zu oft wegen dieser Eigenschaften und wegen ihres Festhaltens am angestammten Glauben als Schimpfwort gilt. Während der Abwesenheit ihrer Männer besorgen die Frauen die kleine Ackerwirtschaft, betrachten dabei aber als einträgliche weitere Erwerbsquelle den Anbau von Tabak, wozu auch Kinder und alte Leute herangezogen werden, während die der Schule entlassenen Mädchen in den zahlreichen Zigarrenfabriken Verdienst suchen. Da aber infolge vielfacher Umstände der Tabakbau mancherorts zurückgeht, beginnen viele mit dem Anbau von Konserven, namentlich Erbsen und Bohnen. Als besondere Erwerbsquelle dient in Bilshausen die Stroh- und Korbflechterei und in Lindau die Arbeit in der dortigen Jutespinnerei. Die gesamte Tätigkeit aber führt nur zu leicht zu einer Überanstrengung der Frau und Vernachlässigung des Hauswesens, zu großer Inanspruchnahme der Kräfte der heranwachsenden Mädchen und zur Nichterlernung hauswirtschaftlicher Kenntnisse, namentlich zu übermäßiger Kinderarbeit mit ihren üblen Begleiterscheinungen, bei den Auswandernden aber zu steigendem Luxus und ungeregeltem Gebrauch der Freiheit, die sich besonders bei den jüngeren, eben der Schule entlassenen Auswanderern zeigen.
Einen sehr anregenden Vortrag über „Bilderkunst auf dem Lande“ hielt unter Vorführung von Lichtbildern Pfarrer David Koch, Unterbalzheim. Die Bilderkunst oder der Wandschmuck, damit ist nicht gesagt, daß die Fragen der Dorfbaukunst, der Dorfkirchenkunst, der Friedhofkunst, der Denkmalpflege auf dem Lande — weniger wichtig wären, aber die Frage der Dorfbilderkunst ist die persönlichste und die, die mit den relativ geringsten Mitteln reformiert werden kann. Wir reden nicht von dem Unterschied der Konfessionen. Zum Bilde haben beide Konfessionen, soweit es religiöses Bild ist, verschiedene Stellung dem weltlichen Bilde gegenüber werden die Konfessionen annähernd gleich gegenüberstehen. Weiter reden wir auch nicht von den alten Bilderbeständen. Wir reden wesentlich von Neuland. Dasselbe hat seine Ufer an den Grenzen der großdeutschen Kulturbewegung für Volkskunst und Kunsterziehung. Unsere Bewegung fürs Land scheint ein Nachzügler. Vielleicht wird sie aber erst der Grundstein für weite Volkskreise. Die Einwände gegen Wandschmuck auf dem Lande sind: Die Leute haben erstens kein Geld, zweitens kein Verständnis, drittens kein Bedürfnis. Dagegen ist zu sagen: Erstens, auch das Landvolk beginnt für falsche Luxuskunst Gelder in kleinem Luxuskram zu verschleudern und wird teilweise ausgebeutet, weil es eben zweitens kein Verständnis hat für beste Kunstwerke. Es ist also schon eine volkswirtschaftliche Forderung, das Landvolk zu einem besseren Kunst-