23. (9. ordentliche) Versammlung des XVII. Vereinsjahres.
197
Verständnis zu erziehen. Drittens das Bedürfnis ist da. Die Volkskanäle, auf denen die kostbare Schiffsfracht der Kunst ins Land hinein und hinaus getragen wird — die schon gegraben sind — aber mehr befahren werden müssen und mit besserer Fracht — das sind die Feste der Familie. Anlehnend an alte Gebräuche ist für gute Kunst zu sorgen zu folgenden Anlässen: Gründung des Hausstandes, Kinderbilder, Bilder für die Lebensalter zwischen Konfirmation und Ehe, Soldatenbilder. Für Mädchen: Echte adelnde Kunst: Lenz und Liebe. Dann für den Hausstand: Patriotische Bilder, Berufsbilder, und zuletzt: Totenbilder. Statt der allzuvielen Totenkränze ein weihevolles Totenbild. Diese Andeutungen enthalten teils Wünsche, teils schon Taten. „Das christliche Kunstblatt“ hat den Anfang gemacht und wird weiter für Bilder- knnst auf dem Laude sorgen. Es ist Aufgabe aller Pfarrer, Lehrer, aller Verwaltungsbeamten, die Einfluß auf das Kulturleben unserer Landbewohner haben, diese noch junge Bewegung zu fördern. Der Staat sollte aus seinen Mitteln mehr als bisher derartige Organisationen, die ein schönes Stück Kulturarbeit in der Stille betreiben, unterstützen.
Mit der Versammlung war eine kleine Ausstellung von Lichtbilderapparaten verbunden, die von Herrn Optiker Adolf Heidrich-Breslau den Interessenten erklärt wurde. — Auch hatte man einen Herrn Drechsler kommen lassen, der zur Fortsetzung des Themas „Musik ins Dorf“ an den in Steiermark und Oberbayern gebräuchlichen Schwegel- pfeifen sowie der Mundharmonika mit der Laute zeigte, wie mit so einfachen Mitteln in ländlicher Abgeschiedenheit zu jeder Zeit eine muntere Musik gemacht werden kann.
VII. Weiter von mir vorgelegt wird der Bericht über die Tätigkeit der Provinzialkommission für Denkmalspflege und des Provinzialkonservators in der Provinz Brandenburg in den Jahren 1904 bis 1907.
Was die Mitglieder der Provinzialkommission anbelangt, zu denen ich seit Jahren gehöre, so ist insofern ein wichtiger Wechsel eingetreten, als u. M. Herr Baurat Büttner ausgeschieden und an seiner Stelle der Landesbaurat Professor Th. Goecke Provinzialkonservator geworden ist.
Aus den mehr als hundert einzelnen Anzeigen, die im einzelnen zu besprechen mehrere Stunden erfordern würden, ersehen Sie, wie eifrig man im Schutzinteresse tätig ist und wie das letztere viel mehr, als früher für möglich gehalten wurde, gewahrt wird. Leider ist nicht selten ein wahrer Kampf gegen Städte notwendig, die ans Gewinnsucht unersetzliche Bauwerke, mittelalterliche Tore, Stadtmauern u. dgl. zu beseitigen versuchen.
VIH. Der Vorstand des Verbandes Deutscher Architekten und Ingenieur-Vereine beehrt sich das Ihnen vorliegende Heft, die Frucht mehrjähriger, ebenso dankenswerter wie mühevoller Arbeit, als