4. (3. außerordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.
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Abendinahlsfeier des Kurfürsten wiederum in Zweifel gezogen (Jahrbuch IV. 1907 S. 153 ff.). Der Verfasser veröffentlicht einen Gratulationsbrief desFiirstenGeorgllL von Anhalt an Joachim II. vom lö.November 1539, in welchem es heißt: „Es ist mir angezeigt, daß Euer Gnaden nicht allein das rein göttliche Wort in Ihren Landen und auch in derselben Stiftskirchen (gemeint ist die Berliner Stifts- oder Domkirche, der Dom Joachims II. auf dem Schloßplatz) zu predigen verordnet, sondern auch mit Abschaffung der eingeführten schädlichen Mißbräuche die Ordnung und Einsetzung des Herren (das heilige Abendmahl) wiederum aufgerichtet und also in Ihrem Stift, als einem rechten Gotteshaus, nun zugebracht haben und täglichzubringen“, — um daraus zu folgern: „die wiederholte Erwähnung der Berliner Stiftskirche im unmittelbaren Zusammenhang mit Joachims II. begonnener Reformation wäre nicht recht verständlich, wenn er nicht gerade hier zum erstenmal das Abendmahl unter beiderlei Gestalt gefeiert hätte“. Die Folgerung ist entschieden abzuweisen. Daß in der Stiftskirche zu Kölln a. d. Spree evangelische Predigt und Abendmahlsfeier von den ersten Tagen des November an statthatte, leugnet niemand, ebensowenig den von dem Dessauer Fürsten hervorgehobenen repräsentativen Charakter dieser Kirche. Von der Abendmahlsfeier des Kurfürsten selbst hören wir indes auch an dieser Stelle kein Wort; sie erfolgte nach dein Schwanebecker Zeugnis am Allerheiligentage in Spandau nach Vereinbarung mit den zehn Edeln des Teltow, ohne viel Gepränge, in Rücksicht zugleich auf die streng katholische Gemahlin Hedwig von Polen, die „ob des geplanten Übertritts viel Kümmernis und Anfechtung hatte“ und vielleicht weinend und betend auf dem Schloß zu Berlin weilte, während der Kurfürst hier am „hohen Altar“ der Nikolaikirche mit jenen Edeln des Teltow und etlichen seines Hofgesindes (die Kurfürstin-Mutter Elisabeth hatte ihren Witwensitz in Spandau noch nicht eingenommen) das heilige Abendmahl nach evangelischem Ritus feierte. Viele sahen es, niemand hat es aufgeschrieben, kein zeitgenössischer Chronist, keiner der Reformatoren, der Kurfürst selber erwähnt es nicht, man nahm es hin wie etwas Selbstverständliches, lange Vorbereitetes. Nur einer hat es notiert, der dabei war, Matthias v. Schwanebeck. Ihm folgt in der Hauptsache auch die Spandauer (handschriftliche) Kirchenchronik von D.F. Schulze (S.680L) mit dem Hinzufügen: „Bei der zustande gekommenen Reformation bekannte sich auch das alt berühmte Spandauer Nonnenkloster St. Marien zur evangelisch-lutherischen Lehre, zu welcher Willigkeit wohl der ehemalige Probst desselben, der spätere Bischof von Brandenburg, Matthias v. Jagow — derselbe, der bei der Teltower Einigung von 1539 mitwirkte und dann am 1. November in Spandau dem Kurfürsten das heilige Abendmahl reichte — einen guten Grund gelegt haben mochte“.