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4. (8. außerordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.
erscheinende Publikation des Herrn Geheinirats Groß wird die alte Streitfrage der Lösung näher führen, auch die demnächst im Druck erscheinende Schulze’sche Chronik wird im Anhang weitere Studien des Vortragenden über die Abendrnahlsfeier des Kurfürsten bringen. Vielleicht erschließen sich, nicht sowohl aus den staatlichen, wohl aber aus den Adelsarchiven des Teltow neue, die historische Tatsache erhärtende Beurkundungen. Daß die Frage, dein „Lokalpatriotismus“ entrückt, der strengen geschichtswissenschaftlichen Forschung untersteht, ist selbstverständlich. Inzwischen behauptet unser Joachims-Denkmal seinen ihm zukonunenden Ort. Alles Legendarische älterer und neuerer Chroniken ist abgetaD. Wir wissen — auch hierin dem Schwanebecker Hausbuch folgend, das in diesem Punkt einen neuen Beweis seiner treuen Zeugenschaft darbietet — beispielsweise nichts von der Anwesenheit der Kurfürstinnen Elisabeth und Hedwig (das „Abendmahlsfenster“ in der Protestationskirche zu Speyer zeigt ihre Gestalten!) an jenem ewig denkwürdigen Tage der märkischen Reformation. In stolzer schlichter Schönheit grüßt uns das Denkmal mit seiner leuchtenden Widmungsschrift. Wir gedenken an die Säkularfeiern des 1. November, an die Spandauer Reformationsfeste, die von alters her für Kirche und Schule den 1. November als eigentlichen Festtag fixieren, wir gedenken des gotischen Kelches auf dem Postament Joachims II. in der Sieges-Allee zu Berlin (bekanntlich ein Abbild des Abendmahlskelches von St. Nikolai, aus welchem Joachim das heilige Abendmahl empfing), wir durchleben von neuem die Jubelfeier des l. November 1889 mit ihrer weittragenden Bedeutung für Stadt und Land —: wir grüßen den großen „Lehrer Deutschlands“, Philipp Melanchthon, der bereits 1535 beratend in unserer Stadt weilte —: wir freuen uns unseres Joachims-Denkmals auch in dem Sinne eines historisch gesicherten Besitzes. Wenn in diesem Jahre der Hauptverein der Evangelischen Gustav Adolf-Stiftung in der Provinz Brandenburg in unsrer guten Stadt Spandau sein Jahresfest feiert: Spandaus Nikolaikirche wird ihn, wie zuvor manch andern seltenen und hohen Gast, grüßen als die Kirche, in der durch den feierlichen Übertritt des Kurfürsten von Brandenburg, Joachims II. am 1. Nov. 1539 die märkische Reformation anhob, ihren großen und reichen Segen entfaltend für alle Zeiten.“
Herr Oberpfarrer Recke bemerkte zum Schluß noch, daß sich in Bezug auf die Verläßlichkeit des Schwanebeckschen Zeugnisses beweiskräftige Urkunden in der Handschriften-Abteilung der Königl. Bibliothek in Berlin gefunden hätten, welche er binnen kurzem gelegentlich der Hauptversammlung des Gustav Adolf-Vereins in Spandau mitteilen werde. Das Original des Schwanebeckschen Hausbuches hat sich bisher allerdings nicht auffinden lassen, vermutlich ist es von einer Nachkommin vernichtet worden, dagegen hat sich eine