Heft 
(1910) 18
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6. (4. außerordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

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städtsche. B. Mayerstädt, ein Wundarzt, hatte vor Jahren einen im Nauener Dammgrabeu gefundenen schwedischen Panzer, der vermutlich bei der Flucht der Schweden durch Nauen am 17. Juni 1675 verloren gegangen war, gekauft und war dadurch angeregt worden, von nun an vorgeschichtliche und geschichtliche Erinnerungsstücke zu sammeln. Aus­gestellt sind in drei Sälen u. a. alte Gerätschaften, die zur Bearbeitung, des Flachses früher benutzt wurden, verschiedene Arten von Pflügen, ein altertümlicher Webstuhl, Haus- und Ackergeräte. Die Bücherei enthält Werke havelländischer Dichter, besonders reich ausgestattet ist die vorgeschichtliche Abteilung. Ferner fallen verschiedene Sonderbar­keiten ins Auge, z. ß. dieEinbaumtreppe, eine in Pausin in einem alten Bauernhause gefundene Stiege, die aus einem Baumstamm besteht, in dem man Stufen eingehauen hat. Pfähle mit keilförmigem Quer­schnitt, die man einem tief unter dem Pflaster der Dammstraße entdeckten Knüppeldamm entnommen hat, veranschaulichen den Bau eines solchen. Eine für die Brandenburgia von Herrn Ilintze in Friesack veranstaltete Sonderausstellung enthält zahlreiche in Westhavelland gefundene Stein- und Bronzewaflen und Schmucksachen, ferner Gerätschaften aus einem bei Karolinenhöhe in der Nähe von Friesack durch Ilintze bloßgelegten 1 lockergrab.

Darauf erfolgte die Besichtigung der alten Stadtkirche. Die Jakobi­kirche ist eine dreischiffige gotische Hallenkirche, sie besitzt einen be­merkenswerten Altar mit feiner Floltzschnitzerei und einen kunstvollen Taufstein. Hier gab Herr Eckler einen kurzen Abriß der Geschichte des Gotteshauses. Es stammt aus dem 15. Jahrhundert und ist häufig teilweise erneuert worden, wofür die Bausteine zeugen, die in vier ver­schiedenen Größen Vorkommen. Die Glocken der Turmuhr haben schon beim Aufbruch der Brandenburger nach Fehrbellin am 18. Juni 1675 geläutet, und der Schwan in der Wetterfahne soll nach der Ansicht der Bürger ein Sinnbild des Luthertums als der reinen Lehre sein. Die Schleif rillen und Näpfchen an der südlichen Außenwand der Kirche ver­danken ihre Entstehung mittelalterlichem Aberglauben, während man sie in Nauen für Spuren feindlicher Waffen aus der Schweden- und Franzosen­zeit hält. An der Nordseite der Kirche befindet sich eine sog.Brauttür,,.

Nach dem Besuch der Kirche wurde im Hamburger Hof in der Chausseestraße das Frühstück eingenommen; wobei der I. Vorsitzende den Dank der Brandenburgia für die Führung aussprach.

Um 2 Uhr fand die Weiterfahrt mit der Kleinbahn nach Ketzin statt. Hier wurde die reichhaltige naturwissenschaftliche und vorge­schichtliche Sammlung des Herrn Pfarrers Schmidt besichtigt. Es sind besonders erwähnenswert eine bei Mützlitz (Westhavelland) gefundene etrurische Bronzeurne, sechs steinzeitliche Spinnwirtel aus einer Wohn- grube bei Ketzin und einige schön verzierte Tonurnen aus der Steinzeit.

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