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6. (5. außerordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjuhrea.
durch, auch in dem einfachen Klosterbau, dessen Kirche im Gegensatz zu anderen imposanten Gotteshäusern statt des ragenden Turmes nur eine Art Dachreiter über der Vierung erhielt, und in der Abgeschlossenheit von allem Verkehr trat derselbe Grundsatz hervor. Der Regel gemäß durften die Cisterzienser sich nur fern von bewohnten Ortschaften in Wildnissen niederlassen; aber die Lehniner Mönche faßten dies Gebot in ganz besonders strengem Sinne auf. Sie verzichteten sogar auf den Genuß des geselligen Verkehrs und der Unterhaltung unter sich und wandelten schweigsam neben einander her, bekleideten kein Pfarramt außerhalb ihres Klosters und bauten für Fremde eine gesonderte Kapelle an der Klosterpforte. Auch waren Seitenkapellen vorhanden, in denen die Brüder nach dem Gottesdienst sich geißelten. Frauen durften im Kloster überhaupt nicht erscheinen, und man kann den Lehninern nachrühmen, daß bei ihnen zuchtloses Leben nie dauernd einriß und daß Entartungen des Klosterlebens stets nur vorübergehende Erscheinungen bildeten. Und doch waren diese mönchischen Idealisten nicht so ganz weltfremd. Gerade die Arbeit, welche das Fleisch abtöten sollte, bewahrte sie vor völliger Weltentfremdung; sie erwies auch an ihnen die segenende Kraft, die Goethe im Faust preist, entwickelte in ihnen den wirtschaftlichen Sinn und erzeugte eine Wohlhabenheit, die sie im Gegensatz stellte zu der gewollten Armut der Bettelmönche, Dominikaner und Franziskaner. Sie waren keine lungernden Faullenzer, sondern rüstige Arbeiter, sogar spekulative und tätige Geschäftsunternehmer, führten eine ertragreiche Bodenkultur bei uns ein. Die Cisterzienser sind dadurch bekannt, daß sie den Obstbau in Deutschland mächtig gefördert haben. Sie haben die feineren Obstsorten aus Südfrankreich vielfach in unsere nordisch rauhen Gegenden verpflanzt, wo in alter Zeit nur Holzäpfel gediehen. So danken die köstlichen Bors- dorfer Äpfel ihr Dasein der Pflege der fleißigen Mönche v. Pforta. Es läge unter diesen Umständen nahe, den Obstbau von Werder, das im Mittelalter ein Lehniner Klostergut war, der Tätigkeit des Ordens zuzuschreiben. Aber die ältern Nachrichten von Werder melden nur vom Weinbau daselbst, und erst in späterer Zeit, im 17. und noch mehr im 18. Jahrhundert beginnt der Obstbau au die Stelle der nicht mehr lohnenden Weinkultur zu treten, ähnlich wie es ja auch im Obstpai’adies Guben und in Brandenburg nachweisbar geschehn ist. Immerhin füllten sich früh die Sandberge bei Werder mit zahlreichen Rebenpflanzungen. So folgte in Lehnin auf die erste Zeit des ernsten Klosterlebens und der Prüfungen eine Periode des wirtschaftlichen Aufschwungs, gleichzeitig auch hoher markgräflicher Gunst. Oft beherbergte das Kloster fürstliche Jagdgäste. Die Besitzungen des Klosters in der Zauche, in Niederbarnim, sowie in Teltow mehrten sich; es besaß schließlich 64 Dörfer, viele Forsten, Äcker und Weinberge. Schon das große Mittel-