Heft 
(1910) 18
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7. (2. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

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Die 22 Rathenower Wahlmänner gaben den Ausschlag und Bismarck wurde mit geringer Mehrheit gewählt. Nach den großen Erfolgen seiner Staatskunst hat er sich dieser Tatsache, daß Rathenow zu ihm gehalten hat, des öfteren erinnert. Herr Bürgermeister Liudner legte eine Photo­graphie des Ehrenbürgerbriefes vor, den die Stadt Rathenow als eine der ersten deutschen Städte dem Altreichskanzler ausstellte, sowie einige wohl noch nicht der Öffentlichkeit bekannte Briefe, die Bismarck als Abgeordneter den städtischen Kollegien schrieb. Herr Hofbuchdruckerei- besitzer Babenzien erzählte von einer Fahrt nach Schönhausen, die er mit mehreren Rathenower Bürgern machte und auf der er Bismarck sah und sprach. Herr Rentier Schmidt berichtete nach der Erzählung eines Augenzeugen von der Fahrt Bismarcks von Stechow nach Rathenow, als er hier die Wahlrede halten wollte, bei welcher Gelegenheit ihn der Steinwurf traf. Herr Schriftsteller Kotzde wies darauf hin, daß am Sandkrug bei Groß-Behnitz eine Eiche steht, unter der Bismarck damals ebenfalls eine Wahlrede hielt. Nach dem Vortrag wurden die Satzungen in ihren Gruudzi'igen beraten, darauf wählte die Versammlung den Vorstand. Diesem gehören an die Herren Gymnasialdirektor Professor Guthjahr (1. Vorsitzender), Hofbuchdruckeieibesitzer Babenzien (2. Vor­sitzender), Stadtarchivar Specht (1. Schriftführer), Lehrer Anders (2. Schriftführer), Zahnarzt Krause (1. Schatzmeister), Apotheker Schulze (2. Schatzmeister), Rentier Fritz Bartels (Pfleger). Beisitzer wurden vorläufig drei gewählt und zwar die Herren Rentier Schmidt, Oberlehrer Wepner und Schriftsteller Kotzde. Der havelländische Heimatverein will seine Tätigkeit auf den ganzen Havelgau erstrecken und es ergeht an alle llavelländer in Stadt und Land, die ihre Liebe zur Heimat betätigen wollen, die Bitte, dem Verein beizutreten. Der Jahresbeitrag ist auf 3 Mark festgesetzt. Jeder Mitarbeiter ist willkommen. An­meldungen sind an den ersten Schriftführer, Stadtarchivar Specht in Rathenow, kleine llagenstraße 11, zu richten.

Zuvor, d. h. schon am 9. d. Mts., veröffentlichte Herr Wilhelm Kotzde im Kreisblatt für das Westhavelland folgenden für alle ähnliche künftige heimatkundliche Vereinigungen beherzigenswerten Artikel:

Was ein Heimatverein zu leisten hätte. Wenige Teile der Mark haben eine so in sich geschlossene, keiner eine so große Geschichte wie der Havelgau. Kaum ein anderer Teil hat eine so geschlossene Natur, ein so einheitliches Leben wie unsere engste Heimat. Sollen wir an Fontanes schönes Gedicht erinnern, das uns die Havel preist? Es ist eine würdige und sicher dankbare Aufgabe, unsere Heimat, ihre Natur, ihre Menschen und ihre Geschichte zu erforschen. Aber nicht eiu einzelner kann das leisten, alle, die Liebe zu ihrer havelländischen Heimat in sich tragen, müssen sich zu diesem Werk vereinen; und wenn naturgemäß einzelne mit besonderer Liebe und Kraft sich der Arbeit