Heft 
(1910) 18
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7. (2. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

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Über die erste Sitzung gellt uns ferner folgende Mittteilnng zu: Havelländischer Ileimatverein. Am Montag, den 24. Mai hielt der havelliindische Ileimatverein imDeutschen Hause seine Mai­sitzung ab. Der Abend wurde durch einen Vortrag des Herrn Lehrer Anders überKattes und Schills Befreiungsversuche 1809 eröffnet. Durch die spanischen Aufstände und den Krieg Österreichs gegen Napoleons Herrschaft angespornt, versuchten auch in Deutschland ver­schiedene kühne Männer durch entschlossenes Vorgehen gegen die französischen Truppen das ganze Land für einen allgemeinen Kampf zu begeistern. Als erster sammelte der Hauptmann Karl Friedrich v. Katte auf Neuenklitsche bei Vieritz in den Städten und Dörfern an der Havel und Elbe eine todesmutige Schar von 300 Mann, um Magdeburg zu überumpelu. Nicht weit vom Ziel, traf ihn bei Wolmirstedt die Nachricht, daß der Anschlag verraten und der Leutnant v. Ilirschfeld, der in Magdeburg die Vorbereitungen zu dem Überfall getroffen hatte, gefangen sei. Nach einem Gefecht bei Burg am 5. April 1809 mußte sich Katte zurückziehen. Er entließ seine Leute und floh unter mancherlei Abenteuern zum Herzog Wilhelm von Braunschweig nach Böhmen, der dort ebenfalls ein Heer gegen Napoleon zusammenzog. Ende desselben Monats verließ der Major Ferdinand v. Schill mit einem Husarenregiment Berlin. Auch er hatte die Absicht Magdeburg zu nehmen und sich dann mit dem Obersten Dörnberg in Kassel zu vereinigen. Am 30. April wurde er in Brandenburg, wo ein Kommando von 00 Schillschen Husaren in Garnison lag, jubelnd empfangen. Da aber der Kommandant vorsichtig geworden war, schwenkte Schill zunächst nach Süden ab und erließ von Dessau einen Aufrufan die Deutschen. Am 5. Mai kam es bei Doden­dorf zu einem Gefecht mit der Magdeburger Garnison. Obwohl dieses für Schill siegreich und sein Heer bedeutend angewachsen war-, mußte er sich vor den von allen Seiten gegen ihn heranrückenden Feinden zurückziehen. Am 31. Mai fand er mit einer großen Anzahl seiner Getreuen in Stralsund den Heldentod. Sehr schlimm war das Los der Gefangenen des Schillschen Korps. Zahlreiche Soldaten und Unteroffiziere wurden in Braunschweig erschossen, viele auf die Galeeren nach Frank­reich geschickt. Von den Offizieren wurden elf auf Napoleons Befehl zu Wesel erschossen. Unter diesen war auch der in Rathenow geborene Leutnant Friedrich v. Trachenberg. Im Anschluß an die fesselnde Schilderung des Herrn Anders erzählte Herr Superintendent Ettel nach den Mitteilungen seines Vaters von einem 12. Offizier, einem von Wedell, der wie durch ein Wunder dem Tode entgangen sei. Er sei mit zweien seiner Brüder gefangen worden. Da er am Tage der Hinrichtung krank war, wurde die Vollstreckung des Todesurteils vorläufig aufgehoben, während seine Brüder starben. Wegen der allgemeinen Entrüstung gegen Napoleon über die Erschießung der Schillschen begnadigte der

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