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7. (2. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.
Kaiser den Gefangenen und schickte ihn auf die Galeeren. 1814 kam er wieder frei. Später zeichnete er sich als General bei der Niederwerfung des polnischen Aufstandes 1818 aus. In den sechziger Jahren sandte ihn König Wilhelm in irgend einer Mission nach Paris. Und da war es ein wunderbarer Augenblick für ihn als die Soldaten des Franzosenkaisers, dessen Vorfahr seine Brüder getötet und ihn gebrandmarkt hatte, vor ihm, dem ehemaligen Galeeren-Sträfling präsentieren mußten. Die ausgleichende Gerechtigkeit der Geschichte! — Daraut begründete Herr Gymnasial-Direktor Professor Guthjahr mit warmen Worten die Anregung des Vorstandes, dem aus Rathenow stammenden Schillschen Leutnant Friedrich v. Trachenberg in der evangelischen Kirche eine Gedächtnistafel zu widmen. Nachdem Herr Kotzde mehrere Entwürfe des Kunstmalers Karl Mickelait vorgelegt hatte, von denen einer ausgewählt wurde, beschloß die Versammlung nach dem Anträge des Vorstandes. Die Enthüllung der Gedenktafel soll am 17. September, dem Todestage der Schillschen Offiziere, durch eine kirchliche Feier vollzogen werden. Zur Vorbereitung des Waldemarfestes, das zur Erinnerung an die Schenkung der Bürgerheide durch den Markgrafen Waldemar den Großen an die Stadt vom Magistrat im Jahre 1843 gestiftet wurde und jetzt jährlich wieder am 18. Juui auf dem Markgrafenberg gefeiert werden soll, wurde eine Kommission gewählt.
XIX. Das Rathenower Waldemarfest wiederbelebt-. Vor Drucklegung dieses Protokolls geht uns noch der Wortlaut einer Festrede zu, welche Herr Wilhelm Kotzde am 18. Juni d. J. bei der Erneuerung des Waldemarfestes auf dem Markgrafenberge gehalten. Wir veröffentlichen dieselbe nicht bloß ihres geschichtlichen Inhaltes wegen gern, sondern um dadurch zugleich für andere Gegenden unserer Provinz zu wirken, in welch’ letzterer sich noch vielfach alte Erinnerungen würden wiederbeleben lassen.
„Hochverehrte Festgenossen! Vierundsechzig Jahre sind vergangen, daß eine Schar froher Bürger an dieser Steile sich versammelte, um dem größten Wohltäter unserer Stadt zum Gedenken, ein Fest zu feiern, das nach ihrem Willen ein echtes rechtes Volksfest werden sollte, das alljährlich Zeugnis ablegen sollte von Treue und Dankbarkeit, die eine Wohnung hätten in unseren Mauern. Was damals froh und hoff'nungs- freudig begonnen, es sollte nicht lange Bestand haben. Es brachen die großen politischen Wirren über unser Vaterland herein, die in zahlreiche Familien das Elend trugen, und in der Not dieser Zeit vergaß man es, Feste zu feiern. Hat doch der Aufruhr in jener Zeit vor sechs Jahrzehnten auch in den Straßen Rathenows getobt, und mußte doch mancher, der vielleicht zu den Besten der Stadt gehörte, hinter den Mauern des Zuchthauses büßen, was die Verwirrung der Zeit angerichtet.