Heft 
(1910) 18
Seite
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7. (2. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

BIS

Damals vergaß man, was man wenige Jahre zuvor in guter Hoffnung geplant, und der Waldemartag erlosch, kaum erstanden. Aber der Gedanke war nicht tot. Schon vor einigen Jahren sprach der verdienst­volle Erforscher unserer heimatlichen Geschichte, unser verehrter Herr Specht, öffentlich den Wunsch aus, es möchte das Waldemarfest wieder belebt werden, und als in diesem Frühjahr der Havelländisclie Heimat­verein zusammentrat, da beschloß er, daß eine seiner ersten Taten, neben der Errichtung einer Gedenktafel für unseren Rathenower Helden uud Freiheitskämpfer Friedrich v. Trachenberg, die Erneuerung des Waldemarfestes sein solle.

Wenn wir uns nun heute auf dieser geschichtlichen Stätte, wo einst der Klang der Minnegesänge, und froher Jagdruf erscholl, zusammen­fanden, so ziemt es uns wohl, der Männer zu gedenken, die in treuer Liebe zur Stadt und in dankbarer Erinnerung an das Wirken des großen Anhaltiners einst das Waldemarfest stifteten.

Von früher Zeit her war es Sitte, daß bei der Einführung des neuen Bürgermeisters dieser mit der Forstdeputation die Forstgrenze befuhr, die Kulturen besichtigte und daß daran sich ein einfaches Essen im Walde schloß. In den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts geriet diese Sitte in Vergessenheit. In der Bürgerschaft herrschte viel Miß­vergnügen uud Mißgunst, das Verhältnis zum Bürgermeister war nicht das beste uud (wie der Stadtverordneten-Vorsteher Titzschkau sagt) Groß­tuerei nahm die Stelle des ehemaligen Biedersinns der Rathenower Bürger ein. Im Jahre 1841 wurde dann der spätere Ratsherr Elberling zum Stadtverordneten-Vorsteher erwählt, und er vermochte es, bessere Zu­stände herbeizuführen. Die Finanzen der Stadt hoben sich, und ein anderer Geist zog unter Stadtverordnete und Bürgerschaft ein. Elberling nun war es, der das Waldemarfest zuerst anregte, Am 22. April 1843 übernahm der königl. Kommissar Dietmar die Verwaltung des Bürger­meisteramtes. Ihn bat die Forstdeputation, die althergebrachte Forst­fahrt wieder aufzunehmen. Er sagte zu, die anderen Mitglieder des Magistrats und der Stadtverordneten-Vorsteher beteiligten sich; um die Fahrt zu verschönen, ward der Kantor Wolflf mit einigen Sängern hin­zugezogen. Das Wetter war überaus günstig, und als man nach froher Fahrt im Forsthaus das Abendbrot, sprach man darüber, wie die Stadt zu der schönen Forst gekommen sei. Als man nun erfuhr, daß Waldemar der Große einst der Stadt ihr schönstes Kleinod gegeben, da beschloß man, auf Fdberlings Vorschlag alljährlich das Waldemarfest auf dem Markgrafenberg zu feiern. Dietmar blieb als Kommissar der Regierung nicht lange in der Stadt, und als im nächsten Jahre, also 1844, der Bürgermeister Fischer in sein Amt eingeführt wurde, da zog der Magistrat mit sämtlichen städtischen Beamten zum Markgrafenberg hinaus. Nun ward die Kuppe des Berges zum Festplatz hergerichtet,

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