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7. (2. ordentliche) Versammlung des XVIII Vereinsjahres.
und schon im Jahre darauf, also 1845, war das Waldemarfest ein allgemeines Bürgerfest. In diesem Jahre war es, daß der Stadtverordneten- Vorsteher Titzschkau in eiuer Festrede auf dem Berge die Bedeutung des Tages hervorhob und das Andenken Waldemars feierte. In wohl noch größerem Glanz wurde das Fest im Jahre 1846 begangen, und dann schlief es ein. Was Elberliug und Titzschkau frohen Mutes angeregt und was die Bürgerschaft so freudig aufgenommen, es widerstand nicht der Not der Zeit.
Wenn wir nun heute uns wieder zur Feier des Waldemarfestes zusammengefundeu haben, so wollen wir vor allem aber Waldemars und seines Geschlechtes, der hochanstrcbemlen Anhaltiner, gedenken. 10s sind große und herrliche Gestalten, wie sie über die Jahrhunderte zu uns herüberschauen*, Wehmut muß uns erfüllen ob ihres Untergangs. Es war aber auch ein kraftvolles Volk, das sie fanden, das sie sich zum Teil auch erst geschaffen haben. Als das Geschlecht der Hohenstaufen niederging, als sein gewaltiges Streben und mit ihm die Macht deutschen Kaisertums zerschellt war, da rüstete sich das deutsche Volk, gesund im Kern, zu einer seiner größten Taten, der Besiedlung und Deutsch- machung des Ostens. Jahrhunderte hatten auf der Wacht gestanden und sehnsüchtig über die Elbe geschaut. Die panzerbewehrte deutsche Faust hatte gezittert, Besitz zu ergreifen von dem weiten Land, das in die osteuropäische Ebene hinausging, das die Väter einst besessen, wo
germanische Kultur einst gekeimt und köstliche Blüten getrieben hatte. Und dann kam die deutsche Hand am Pflug und mit der Axt, und schuf unter der Führung der Anhaltiner ein deutsches Land östlich der Elbe. Dieses Siedlervolk, das von Holland vor allem, von Friesland und
Westfalen herkam, das sind unsere Vorfahren. Möchte es unserem Geschlecht vergönnt sein, dort im Osten, an der Weichsel und Warthe, dasselbe zu vollbringen, was ihnen in außerordentlicher Kraftleistung vor sieben Jahrhunderten gelang. In jene große Zeit reicht die Entstehung unserer Stadt Rathenow, wie die vieler anderer Städte auf
märkischem Boden, zurück. Eine Burg hat hier an der Havel als Wacht gestanden, und wo einst wohl Wendische allein gehaust da sammelten sich jetzt Deutsche aus dem Westen. Die Anhaltiner wußten, daß allein ein kraftvolles, unternehmungsfreudiges, tätiges Volk ihre hochfliegenden Pläne unterstützen konnte. Schon im Jahre 1294 schenkte Otto IV. mit dem Pfeil dem auf blühenden Ort mehr denn 1000 Morgen Acker, Wiesen und Wald. Im Jahre darauf erhielt Rathenow die Burg, die dem Aufbau der Stadtmauer dienen sollte, und damit verband der Markgraf das Stadtrecht. Wir wissen, daß Otto der IV., der ritterliche Minnesänger, hier auf diesem Berge gern weilte und sich den Freuden der Jagd hingab. Und seine Gemahlin Heilwig weilte mit ihm auf dem Schlosse, dessen Fundamente man hier auf dieser Höhe fand und das wohl ein