Heft 
(1910) 18
Seite
317
Einzelbild herunterladen

7. (2. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

317

Jagdschloß war. Der Markgraf hielt mit den Rathenower Bürgern gute Nachbarschaft, und als im Jahre 1309 Waldemar nach Ottos Tode die Erzkämmererwürde übernahm, da wird das gute Verhältnis fortbestanden haben. Schon legten sich dunkle Schatten um das Geschlecht der Anhaltiner. Die Sage meldet, daß sie, als sie wenige Jahrzehnte vorher auf diesem Berge sich versammelt hatten, der Sorge Ausdruck gaben, wie das Land sie alle bei ihrer großen Zahl ernähren möchte. Jetzt war einer nach dem andern in das dunkle Grab gesunken. Noch aber stand Waldemar in Jugendkraft da, und mit Vertrauen durften die Märker auf seine Heldengestalt blicken. Waldemar hatte mit scharfem Blick die Bedeutung der Städte für die Wohlfahrt des Landes erkannt. Er suchte ihren Anschluß an den llansabund zu fördern, daß Handel und Gewerbe im Lande blühen sollten. Um eine Hansastadt war es, daß er in den Krieg zog, der ein schweres Umvetter über dem Lande zusammenziehen sollte. Er aber hielt dem Unwetter stand, gestützt auf seine treuen Bürger. Der Adel hat ihn dort bei Gransee und vorher verlassen, er machte teilweise gemeinsame Sache mit den Feinden des Vaterlandes, die Städte hielten unwandelbar zu ihrem Herrn, und er belohnte ihre Treue. Unsere Heimatstadt, die gewiß nicht unter den Letzten war, als es galt, an der Seite Waldemars zu fechten, sie hatte in der Folge viele Not zu tragen. Da gab ihr Waldemar den großen Wald, dessen Besitz wir uns heute nöch erfreuen. Am 18. Juni 1319, heute vor 590 Jahren, wurde die Urkunde zu Tangermünde ausgestellt. Noch nicht zwei Monate später, am 14. August desselben Jahres, sank Waldemar ins Grab. Mit ihm erloschen alle Träume und Hoffnungen des märkischen Volkes; denn nun begann das Jahrhundert des Jammers und Elends, aus dem ein Zoller die Mark retten sollte. Der Wald aber ist es gewesen, der nun fast sechs Jahrhunderte hinduich der Bürgerschaft auch über die schwersten Zeiten, die gerade über Rathenow nicht spärlich kamen, binwegbalf. Er war das beste Kleinod der Stadt, und er ist es heute noch; sorgen wir dafür, daß er es auch unsern Kindern sein wird!

Zum Zeichen aber, das Treue und Dankbarkeit in unseren Herzen nicht erloschen sind, wollen wir alljährlich an dieser Stätte das Waldemar­fest feiern. Möge es die Liebe zu unserer schönen Heimat immer fester in die Herzen der Bürgerschaft pflanzen, möge es allen zum Bewußtsein bringen, daß wir einen köstlichen Schatz haben wie wenig andere Städte, möge es in die Herzen der Jugend für die spätesten Jahre noch, sei sie dann am heimischen Herd unserer Stadt, sei sie vom Geschick in die Ferne geführt, die Erinnerung pflanzen an die schönen Tage, die sie unter den rauschenden Bäumen im Frohsinn der- Kinderheit verleben durfte! Möge das Waldemarfest dazu beitragen, das ein rechter, gesunder, froher Heimatgeist unserer Stadt allezeit erhalten bleibe! Das walte Gott!